Gift aus der Goldgrube

Gift aus der Goldgrube

Beitragvon Kira » Dienstag 7. Juni 2011, 23:22

Grubenwasser bedroht Johannesburg
Gift aus der Goldgrube
Die Aurora-Goldmine sollte ihre Betreiber reich machen und vielen Menschen Arbeit geben - jetzt könnte von ihr eine Umweltkatstrophe ausgehen. Schon lange wird das Grubenwasser nicht mehr abgepumpt. Der womöglich radioaktive Cocktail aus Säure und Schwermetallen bedroht nun Johannesburg.

Von Claus Stäcker, ARD-Hörfunkstudio Südafrika


Es klang nach einer Erfolgsgeschichte made in "New South Africa": Mandela-Enkelsohn Zondwa Gaddafi Mandela, gerade 25, und der Neffe von Präsident Zuma, Khulubuse Zuma, mit 37 auch nicht gerade alt, bauten mit Aurora Empowerment Systems eines jener schwarzen Unternehmen auf, die binnen kürzester Zeit Milliardäre produzieren, vom Staat verwöhnt und von Investoren umgarnt werden.

Seit mindestens anderthalb Jahren steht Mandela und Zuma junior das Wasser aber schon bis zum Hals - und nun droht es überzuschwappen, wortwörtlich: Das Wasser in der Goldmine steigt und steigt, und die Pumpen sind eine nach der anderen ausgefallen. Jetzt haben sie beschlossen, die Pumpstation aus 800 Meter Tiefe zu retten, denn die Mine kann jeden Tag überflutet werden. Im Moment wird hier kein Wasser mehr abgepumpt.

Seit einem Jahr keinen regulären Lohn bekommen
Horacio Mimbiri ist der Pumpenwart einer der beiden Goldgruben, die Aurora gehören, und nun vom schnell steigenden Grubenwasser - einem Giftcocktail aus Säure, Schwermetallen und möglicherweise Radioaktivität - bedroht werden. Nie hat Aurora bezahlt, vergeblich bemühten sie sich um Geld, in den USA, bei der HVB-Bank in Deutschland, zuletzt in China.

Die Insolvenzverwalter hielten mit ihnen zusammen, glaubten bis zuletzt, dass die Namen Mandela und Zuma zwangsläufig zu einer guten Lösung führen müssten. Stattdessen sind sie seit ein paar Tagen abgelöst, die Firma Aurora wird zwangsvollstreckt.

"In Schacht 3 arbeiten noch 17 Leute, von einst 5000. Seit einem Jahr haben wir keinen regulären Lohn mehr bekommen, manchmal noch 5 oder 10 Prozent", erzählt Horacio Mimbiri. "Ich habe vier Kinder und weiß nicht mehr wie ich die Schulgebühren bezahlen soll. Gerade habe ich eine SMS bekommen, dass mein Sohn von der Schule fliegt, wenn ich nicht bald 1500 Rand, 160 Euro nachzahle."

"Wer hier Fisch isst, wird krank"

Es besteht wenig Hoffnung für Horacio, der 28 Jahre in der Mine gearbeitet hat, in guten wie in schlechten Tagen. Einer der Vorarbeiter hat neulich aus Verzweiflung über das Schulgeld seiner Kinder Selbstmord begangen. Die Mine ist pleite, Polizei und schwer bewaffnete Sicherheitsdienste bewachen das Gelände.

In den letzten Monaten wurde tonnenweise Material und Ausrüstung geklaut, womöglich auch Gold. Alle Hoffnungen ruhten auf der chinesischen Staatsholding Shandong Gold, die angeblich für 70 Millionen Euro einsteigen will.

Aber seit einer Ortsvisite im Mai ist es still um sie geworden. "Wir können uns nicht vorstellen, dass dieser Deal noch zustande kommt", sagt Horacio Mimbiri. "Das Wasser schwappt bald über. Die Chinesen werden sich das gut überlegen. Früher ist das Grubenwasser noch gereinigt worden, aber seit der Übernahme durch Aurora wurde es einfach abgelassen in die Umgebung. Wer hier in der Nähe Fisch isst, wird krank. Oder die Fische sterben vorher."

Tote Fische und Kühe, blinde Nilpferde, kranke Menschen
Grubenwasser bedroht Hunderttausende Menschen in und um Johannesburg: In anderen verlassenen Minen im Westen fließt es schon über, hinterlässt rot-oxidierende Giftschlämme, tote Fische und Kühe, blinde Nilpferde, kranke Menschen. Umweltaktivisten wie Mariette Lieffering schlagen schon lange Alarm. "Die zahlungsunfähige Aurora-Mine kann nicht mehr abpumpen", sagt sie. "Es wäre ein Luftschloss, zu glauben, dass die Dekantierung, also das Überlaufen, nicht passieren wird. Wir werden also pumpen und das Giftwasser behandeln müssen - für Hunderte von Jahren."

Immerhin musste Zondwa Mandela trotz seines großen Namens kürzlich vor dem Parlament Stellung nehmen. Er hat nun nichts mehr zu sagen, und woher das Geld für die teuren Pumpen und Filter kommen soll ist genauso fraglich, wie das für ein allumfassendes Altlasten-Sanierungskonzept.

Eine Arbeitsgruppe des Bergbauministeriums hat sich dieser Aufgabe angenommen, vor Monaten schon. Gehört hat man seither nichts. "Es ist unser hausgemachtes Tschernobyl", sagt Anthony Turton, Experte für Wasser und Bergbau. "Mit dem einzigen Unterschied, dass es ein schleichendes Tschernobyl ist. Wir sehen es kommen, und können noch etwas tun. Die nächste Überschwemmung wird Anfang 2012 passieren. Die Zeit läuft uns davon."

http://www.tagesschau.de/ausland/suedafrika264.html
"Wo der Mut keine Zunge hat, bleibt die Vernunft stumm."
(Jupp Müller, deutscher Schriftsteller)

Bloggen statt Schweigen
Benutzeravatar
Kira
Alleswisser
 
Beiträge: 10331
Registriert: Dienstag 15. September 2009, 13:56

Zurück zu Chemikalien & Wirkung, Umweltskandale, Krank durch die Arbeit

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 8 Gäste

cron