"Nebenwirkungen
Wachstum
Methylphenidat kann bei Langzeitanwendung auch bei angemessener Dosierung bei Kindern zu einer Wachstumsverzögerung und zu reduzierter Gewichtszunahme führen[22] und sollte dann abgesetzt werden. In den meisten Fällen normalisiert sich der Wachstumsverlauf der Kinder später.
Appetit
Rückgang des Appetits und der Flüssigkeitsaufnahme ist eine häufige Nebenwirkung. Dies kann dadurch gemildert werden, dass das Methylphenidat nach dem Essen verabreicht wird oder die Hauptmahlzeit auf den Abend verlegt wird, wenn die Wirkung abgeklungen ist. Gewöhnlich verliert sich diese Nebenwirkung innerhalb einiger Monate.[22]
Gastrointestinale Störungen
Da Methylphenidat in der Regel als Hydrochlorid vorliegt, reagiert es beim Lösen leicht sauer. Wenn Methylphenidattabletten ohne Flüssigkeit eingenommen werden, kann es zu Übelkeit oder unangenehmem Brennen in der Speiseröhre kommen. Zu Beginn der Behandlung treten häufig Bauchschmerzen oder Erbrechen auf, eine Linderung kann im Normalfall erreicht werden, wenn Methylphenidat mit einer Mahlzeit eingenommen wird.[22] Hin und wieder kann die Trägersubstanz der Arzneizubereitung Unverträglichkeiten auslösen. In solchen Fällen kann auf wirkstoffidentische Präparate anderer Hersteller ausgewichen werden.
Haut, Unterhaut
Vermehrtes Schwitzen, Dermatitis (entzündliche Reaktion der Haut), Pruritus (Juckreiz), angioneurotische Ödeme (Quincke-Ödem) können bei der Behandlung von Kindern auftreten, [23] ebenso kann es zu Effluvium (Haarausfall) kommen. Des Weiteren können exfoliative (schuppende) Hauterkrankungen und Urtikaria (Nesselausschlag) bei der Behandlung mit Methylphenidat auftreten.
Psychische und neurologische Nebenwirkungen
Sehr häufige Nebenwirkungen (>1:10) sind verminderter Appetit, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Mundtrockenheit und Übelkeit. Nervosität und Schlaflosigkeit zu Beginn der Behandlung können in der Regel durch Reduktion der Dosis und/oder durch Auslassen der Nachmittags- oder Abenddosis kontrolliert werden.[22]
Häufig (1:100 - 1:10): Appetitlosigkeit, Angstgefühle, anfängliche Schlafstörungen, depressive Verstimmung, Nervosität, Unruhe, Agitiertheit, Aggressionen, Zähneknirschen, Depressionen, verminderte Libido, Verwirrung, Spannung, Schwindelgefühl, Zittern, Ameisenlaufen (Kribbeln), Dämpfung (Sedierung), Spannungskopfschmerzen, verschwommenes Sehen, Drehschwindel, Schmerzen in Nasen-Rachenraum, Aufstossen (Dyspepsie), Erbrechen, Verstopfung, übermässiges Schwitzen, Muskelspannung, Reizbarkeit, Gewichtsverlust, Muskelzuckungen (Tic), emotionale Labilität. Bei Kindern und Jugendlichen außerdem Entzündung des Nasen-Rachenraums, Schwindel, Husten, Oberbauchschmerzen und Fieber.
Sehr selten (<1:10000) treten Orientierungslosigkeit, akustische und visuelle Halluzinationen, Manien und beginnende Psychosen, Zorn, Agitiertheit, Stimmungsschwankungen, depressive Verstimmung, Traurigkeit, Lethargie oder Schläfrigkeit auf.
Patienten, die Methylphenidat einnehmen, klagen bisweilen darüber, dass sie „ganz anders“, „gar nicht mehr sie selbst“, „zu ernst“, „wie eine Maschine“ seien, dass ihnen bestimmte Dinge nicht mehr so viel Spaß wie früher machten oder dass sie nur mit der Tablette „brav sein“ könnten. Vor allem letzteres kann auf Dauer dazu führen, dass Patienten nicht mehr aus eigener Kraft versuchen, ihre Situation zu verbessern, sondern sich auf die Medikation verlassen. Andererseits ist dies aber auch häufig dadurch zu erklären, dass zum Beispiel Kinder jetzt ihre Umwelt schärfer wahrnehmen und damit auch eine Reizüberflutung (etwa in der Schulklasse) stärker bemerken. Häufig geben Betroffene an, jetzt Zusammenhänge und belastende Lebensumstände oder Ausgrenzung stärker zu spüren. Dies ist dann weniger eine Nebenwirkung als vielmehr eine andere Wahrnehmung die aus der Hauptwirkung des Medikaments resultiert. Hier ist eine therapeutische Begleitung und Informationsvermittlung, häufig aber auch eine antidepressive Begleitmedikation erforderlich.
Suizidalität
Bei Methylphenidat-haltigen Zubereitungen wurden neben erfolgtem Suizid Suizidversuche und Suizidgedanken beobachtet.[24]
Herz-Kreislauf-System
Häufig (bei mehr als einem von zehn Patienten) kommt es zu Tachykardie (Herzrasen), Palpitationen (Herzklopfen), Arrhythmien (Herzrhythmusstörungen) und Veränderungen (meist Erhöhung) von Blutdruck und Herzfrequenz. Selten tritt Angina Pectoris auf.[22]
Wegen der kardiovaskulären Nebenwirkungen wurde gegen methylphenidathaltige Arzneimittel ein Stufenplanverfahren (Gefahrenstufe II) zur Abwehr von Arzneimittelrisiken eingeleitet.[25]
In einer Fall-Kontroll-Studie wurde ein Zusammenhang mit ungeklärten Todesfällen gesehen.[26]
Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von Maschinen
Bei der Behandlung mit Methylphenidat können Schläfrigkeit und Schwindel auftreten. Dies kann beim Bedienen von Maschinen und beim Autofahren zu Beeinträchtigungen führen und muss beachtet werden.[22] Grundsätzlich erlaubt der Gesetzgeber das Führen von Kraftfahrzeugen unter Einwirkung von Methylphenidat. In einigen Studien wurde nachgewiesen, dass durch die Einnahme von Methylphenidat die Fahrtauglichkeit von Menschen mit ADHS merklich verbessert wird.[27]
Anwendung in der Schwangerschaft
Es wurden keine klinischen Studien durchgeführt, aus denen hervorgeht, ob die Anwendung von Methylphenidat während der Schwangerschaft sicher ist. Methylphenidat sollte aus diesem Grunde von schwangeren Frauen nur eingenommen werden, wenn es unbedingt erforderlich ist.[22]
Sonstige
Seltenere Nebenwirkungen sind Schwindel, Schweißausbrüche, Fieber, Kopfschmerzen, Psychosen, Störungen des Herzrhythmus und Trockenheit der Schleimhäute. Auch kann Appetitlosigkeit, v. a. bei missbräuchlicher Überdosierung, auftreten.
Abhängigkeitsgefahr
Methylphenidat wird seit Jahrzehnten in der Therapie von ADHS verwendet. Bei fachgerechter medikamentöser Therapie von ADHS mittels Methylphenidat konnte bisher kein Fall von Abhängigkeit festgestellt werden. Das plötzliche (eigenmächtige) Absetzen von Methylphenidat sollte jedoch unterlassen werden, da dies unter Umständen zu so genannten Absetzerscheinungen wie etwa verstärkter Hyperaktivität, Gereiztheit oder depressiver Verstimmung führen kann. Vor allem nach einer langfristigen und hochdosierten Behandlung sollte Methylphenidat daher nach ärztlicher Anweisung ausschleichend dosiert werden.
Studien zeigen, dass der Einsatz von Stimulanzien wie Ritalin die Suchtgefahr bei AD(H)S-Kindern senkt.
Bei ADHS-Betroffenen wird teilweise eine generell erhöhte Suchtneigung angenommen. Ursächlich hierfür ist jedoch nicht die Behandlung mittels Methylphenidat, sondern der gestörte Dopaminhaushalt. Die Betroffenen versuchten, sich mittels Nikotin und anderer Drogen, die sich auf den Dopaminhaushalt auswirken, selbst zu behandeln.[28]
Überdosierung
Eine moderate Überdosierung (zum Beispiel durch eine versehentlich doppelt eingenommene Dosis) von Methylphenidat kann zu Schwindel, Herzklopfen, Schlafstörungen, erhöhter Vigilanz („Wachheit“) oder auch zu übermäßiger Beruhigung führen. Durch die kurze Wirkungsdauer von wenigen Stunden ist normalerweise keine Behandlung erforderlich.
Eine starke Überdosierung kann zu Übererregtheit des zentralen Nervensystems, Krämpfen und Delirium bis zum Koma führen. Es können Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen auftreten. Ärztliche Behandlung ist in solchen Fällen dringend notwendig. Ein Delirium kann nur bei starkem Missbrauch über mehrere Wochen, durch plötzliches Absetzen des Medikamentes auftreten.
Wechselwirkungen
Methylphenidat darf nicht mit MAO-Hemmern kombiniert werden. Ausnahmen bilden hier selektive MAO-A-Hemmer, die den Metabolismus von Methylphenidat, bei gleichzeitiger Gabe, verlangsamen und damit die Wirkdauer verlängern können.
Bei gleichzeitiger Anwendung kann Methylphenidat die Wirkung von blutdrucksenkenden Mitteln, insbesondere von Guanethidin, herabsetzen. Andererseits kann die anfängliche sympathomimetische Wirkung von Guanethidin und Amantadin verstärkt werden.
Da Methylphenidat den Abbau von Antikoagulanzien des Cumarintyps, Antiepileptika (zum Beispiel Phenobarbital, Phenytoin, Primidon), Neuroleptika und trizyklischen Antidepressiva (zum Beispiel Imipramin, Desipramin) sowie Phenylbutazon im Organismus hemmt, muss deren Dosis bei gemeinsamer Gabe reduziert werden.
Der kombinierte Konsum von Methylphenidat und Alkohol führt zu einer Umesterung in der Leber und zur Bildung der Substanz Ethylphenidat im Körper. Ethylphenidat bewirkt ebenso wie Methylphenidat nicht nur eine Wiederaufnahme-Hemmung von Dopamin sondern wirkt auch als Dopamin-Releaser, womit es zu einer überhöhten Dopamin-Konzentration im präsynaptischen Spalt kommen kann. Da in diesem Fall der Körper selbst einen weiteren Wirkstoff produziert, anstatt die Substanz wie vorgesehen abzubauen oder auszuscheiden, wird eine korrekte Dosierung des eigentlichen Wirkstoffs erschwert bis unmöglich gemacht. Während der Einnahme von Methylphenidat sollte daher auf Alkoholgenuss verzichtet werden.[22]
Methylphenidat sollte nicht zusammen mit Antazida eingenommen werden."
http://de.wikipedia.org/wiki/Methylphenidat#Psychische_und_neurologische_Nebenwirkungen