"Mein Hund ist ein Hilfsmittel", sagt Thorsten Heise. "Aber das weiß man in Trier wohl nicht!" Der 43-jährige Sehbehinderte hat seit kurzem einen Blindenführhund - mit dem er in der Stadt oft aneckt.
Trier. "Kety - links voran!", kommandiert Thorsten Heise. Zügig überqueren er und sein Hund den Hauptmarkt. Der Hund trägt ein weißes Führgeschirr: Er ist ein Blindenführhund, einer von wenigen in Trier. Heise und Kety sind ein eingespieltes Team - und das, obwohl sie sich erst rund zwei Monate kennen. Aufgrund einer erblichen Netzhautdegeneration hat der 43-jährige Trierer Immobilienmakler und Bürokaufmann nur noch fünf Prozent Sehfähigkeit - Tendenz sinkend. Daher hat seine Krankenkasse einem Blindenführhund zugestimmt.
Kety, eine zweijährige Labrador-Retrieverhündin, stammt aus Tschechien und wurde mehr als ein Jahr lang in der Nähe von Erfurt ausgebildet. "Ich war dort zum Training, und wir mussten eine Gespannprüfung ablegen", erklärt Thorsten Heise: Hund und Herrchen mussten zeigen, dass sie gut miteinander zurechtkommen.
Ketys Aufgaben: den stark Sehbehinderten führen und warnen. Als Blindenführhund hat sie Sonderrechte: "Das Ordnungsamt der Stadt Trier erlaubt blinden oder stark sehbehinderten Menschen mit einem Blindenführhund den Zutritt zu Geschäften, die nach dem Lebensmittelhygienerecht für andere Hunde verboten sind", informiert Dieter Jacobs vom Presseamt. Außerdem sind die Tiere von der Steuer befreit und werden kostenlos in Bus und Bahn befördert.
"In Trier muss da noch Aufklärungsarbeit geleistet werden", stellt Thorsten Heise fest. "Sowohl bei Geschäftsleuten als auch bei Behörden sind die Sonderregelungen oft nicht bekannt. Ich muss immer wieder erklären, dass das Tier nicht als Hund, sondern als Hilfsmittel gilt."
In einem Bekleidungsgeschäft zieht der Sehbehinderte mit seinem Führhund neugierige Blicke auf sich. "Ist der Hund krank?", will die achtjährige Maja wissen. "Nein, er führt mich, weil ich nicht gut sehen kann", erklärt Heise. Bei einer Bäckereikette sei er kürzlich mit Kety hinausgeworfen worden. "Aber einen Hund im Wert von 20 000 Euro kann ich nicht einfach draußen anbinden." Erst nach längerem E-Mail-Wechsel, auch mit dem Ordnungsamt, sei es zu einer Entschuldigung gekommen.
Nun betritt Heise mit Kety eine Trierer Fleischerei. "Sie dürfen keinen Hund hier mit reinnehmen!", sagt die Verkäuferin und will ihn des Ladens verweisen. Heise zückt Ketys Ausweis und verweist auf die Sonderregelungen. Doch die Mitarbeiterin lenkt erst ein, als er ihr einen Ansprechpartner beim Ordnungsamt nennt. "Wegen eines Hundes habe ich schon mächtig Ärger bekommen", sagt sie entschuldigend.
"Ich wünsche mir mehr Toleranz - und dass Leute die Hintergründe erfragen", resümiert der Sehbehinderte. Oft werde Kety bedauert: "Leute sagen: ‚Der arme Hund, der muss den ganzen Tag arbeiten.\' Dabei hat sie viel Freizeit. Wir spielen oft und gehen spazieren!" Das "Hilfsmittel" ist für Thorsten Heise längst zu einem Familienmitglied geworden.
Blindenführhunde sind speziell ausgebildete Assistenzhunde, die blinden oder stark sehbehinderten Menschen eine gefahrlose Orientierung und damit gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen sollen. Die Hunde müssen friedfertig, intelligent und nervenstark sein. 153 Blinde oder stark Sehbehinderte gibt es in Trier. Führhunde reagieren auf bis zu 400 akustische Kommandos und können etwa Türen, Treppen, Zebrastreifen, Ampeln, Telefonzellen, Briefkästen oder freie Sitzplätze suchen. Hindernisse - auch Pfützen oder herabhängende Äste - umgehen sie oder bleiben davor stehen. DQ Blindenführhunde sind speziell ausgebildete Assistenzhunde, die blinden oder stark sehbehinderten Menschen eine gefahrlose Orientierung und damit gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen sollen. Die Hunde müssen friedfertig, intelligent und nervenstark sein. 153 Blinde oder stark Sehbehinderte gibt es in Trier. Führhunde reagieren auf bis zu 400 akustische Kommandos und können etwa Türen, Treppen, Zebrastreifen, Ampeln, Telefonzellen, Briefkästen oder freie Sitzplätze suchen. Hindernisse - auch Pfützen oder herabhängende Äste - umgehen sie oder bleiben davor stehen. DQ
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