bevor es wieder aus dem Archiv verschwindet, will ich hier den Beitrag festhalten:
Nach Zimt, Meeresbrise oder grünem Tee soll es in der Wohnung duften, wenn man nur das entsprechende Raumspray benutzt. Doch nicht immer ist der Gebrauch solcher Raumdüfte unproblematisch.
Der Absatz an Raumdüften wächst. Symrise, der viertgrößte Hersteller von Riechstoffen weltweit, steigerte seinen Umsatz bei Sprays, Duftsteckern und Spendern in den vergangenen fünf Jahren um jeweils circa drei Milliarden Euro.
Über 3.000 Duftstoffe verarbeitet die Industrie. Besonders beliebt sind Gerüche wie Limone, Lavendel, Nelke oder Rose. Sie bestehen aus geheimen, hochkomplizierten chemischen Rezepturen. Das Problem: Lediglich 26 Stoffe sind deklarationspflichtig. Für 2.974 Stoffe gilt: Sie müssen nicht einmal genannt werden. Studien über die Wirkung von Raumdüften auf die Atemwege gibt es nicht.
Der Toxikologe Dr. Hermann Kruse von der Universität Kiel beklagt die Unwissenheit: „Sie finden da den ganzen Zoo der Chemie: Alkohole, Ester, Ketone und wie diese ganzen Verbindungen heißen. Wir wissen im Grunde gar nicht, um welchen Cocktail es sich im Einzelnen handelt. Wir würden das schon ganz gerne wissen. Und auch dann täten wir uns noch sehr schwer, das zu beurteilen, weil das ein Mix von Verbindungen ist, der auf vielfältige Art und Weise zusammenwirkt und Gesundheitsschäden verursachen kann.“
Tatsächlich wenden sich immer häufiger Menschen mit unterschiedlichen Beschwerden an die toxikologischen Institute. Dr. Kruse kennt sie: „Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche, Magen-Darm-Beschwerden und so weiter. Was noch hinzukommt: Viele von diesen Stoffen zählen auch noch zu den allergisierenden Stoffen. Das heißt, wenn es einen Hautkontakt gibt, kann das eben bei sehr, sehr vielen Menschen Allergien übelster Art hervorrufen.“
Cordula Ecker leidet seit zehn Jahren an der Krankheit MCS, einer vielfachen Chemikalienunverträglichkeit. Sie versucht deshalb, sich zu Hause vor künstlichen Gerüchen zu schützen. Das klappt nicht immer. Die Folgen: Kopfweh, Übelkeit, Müdigkeit und Schlafstörungen. Die morgendliche Duftstoffattacke im Bad hat sie mittlerweile im Griff. Sie hat über Jahre die Produkte gefunden, die sie verträgt. Lange hat es gedauert, bis sie wusste, woran sie leidet. Sie absolvierte einen Ärztemarathon. Ein Umweltmediziner äußerste schließlich den Verdacht auf MCS. Ein Klinikaufenthalt brachte Besserung. Ihre Strategie heute: Düfte meiden. Ihre Familie hat gelernt, Rücksicht zu nehmen. Tochter Daniela geht inzwischen in den Keller, wenn sie ausgehen will. Haarsprays und Parfums sind in der Wohnung tabu.
Beim Umweltbundesamt in Berlin weiß man um die möglichen Gefahren, die von Raumdüften ausgehen können. „Wir müssen diese Erkrankung ernst nehmen, denn viele Leute leiden darunter. Und für viele Menschen hat das drastische Auswirkungen. Wie alle Chemikalien - leicht flüchtige organische Verbindungen sind es ja, die in hohen Konzentrationen in die Atemluft, in die Innenraumluft eingebracht werden - so verursachen auch solche Chemikalien Probleme an den Schleimhäuten, an den Atemwegen und verschlechtern die Innenraumqualität einfach generell“, sagt Umweltmediziner Dr. Wolfgang Straff vom Umweltbundesamt.
Tatsächlich weisen manche Hersteller auf mögliche Gesundheitsgefahren hin. Sie listen zwar die Duftstoffe nicht auf, warnen aber im Kleingedruckten: „Personen, die auf Duftstoffe empfindlich reagieren, sollten dieses Produkt mit Vorsicht verwenden.“
Verbieten kann man die Raumdüfte nicht. Der Verbraucher aber hat es selbst in der Hand. Umweltmediziner Straff etwa meint: „Wir brauchen diese Produkte nicht und würden empfehlen, sie wegzulassen.“ Und Toxikologe Kruse ergänzt: „Die Duftstoffe stehen, soweit ich weiß, an zweiter Stelle des Allergiegeschehens. An erster Stelle steht das Nickel, dann kommen schon die Duftstoffe. Quintessenz aus diesen ganzen Überlegungen ist für den Toxikologen, dass wir fordern: Duftstoffe haben in der Innenraumluft und in der Umgebung von Menschen nichts zu suchen.“
Übrigens kann das auch für altbekannte Produkte wie Räucherstäbchen gelten. Die Duftstoffe gehen durch die Verbrennung direkt in die Raumluft über, die flüchtigen organischen Verbindungen können dann ebenfalls die Atemwege reizen.
Quelle:
http://www.wdr.de /tv/markt/sendungsbeitraege/2011/1024/02_raumsprays.jsp