Über LTT wie lange im Blut nachweisbar?

Über LTT wie lange im Blut nachweisbar?

Beitragvon Leckermäulchen » Donnerstag 17. Dezember 2009, 20:46

Permethrin / Pyrethroide

Guten Abend zusammen,

vor Jahren habe ich irgendwo gelesen, dass über LTT der Nachweis einer Dauerexposition durch Permethrin im Blut nach einer bestimmten Frist nach Expositionsende nicht mehr möglich ist. Wenn also der chronische Schaden zwar reproduzierbar da ist, die Frist (wie viele Wochen ... Monate?) der Nachweisbarkeit aber abgelaufen ist, kann man die Ursache über LTT nicht mehr feststellen.

Weiß zufällig jemand darüber Bescheid? Oder gibt es sogar andere Methoden, über die man trotzdem noch einen Nachweis führen kann?

LG
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Über LTT wie lange im Blut nachweisbar?

Beitragvon Frank-N-Furter » Donnerstag 17. Dezember 2009, 21:00

Liebes Leckermäulchen,

rufe am Allerbesten Dr. Schnackenberg an, dann bekommst Du die verlässlichste Antwort.

LG, Frank
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Über LTT wie lange im Blut nachweisbar?

Beitragvon Leckermäulchen » Donnerstag 17. Dezember 2009, 21:26

Danke Frank,

werde mich schnellstmöglich erkundigen und Rückmeldung geben.

LG
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Über LTT wie lange im Blut nachweisbar?

Beitragvon Leckermäulchen » Montag 21. Dezember 2009, 12:19

@Frank

leider konnte man mir dort auch nicht weiterhelfen, bin über ein paar Umwege letzten Endes jetzt an Dr. Köster vom Medizinischen Labor Bremen verwiesen worden.

Er sagte mir, der Nachweis kann 3 bis 4 Wochen geführt werden.

Eine andere Methode gibt es leider nicht.

LG
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Über LTT wie lange im Blut nachweisbar?

Beitragvon Amazone » Montag 21. Dezember 2009, 15:57

Schreib doch mal diese Stelle an und frage dort, welche Möglichkeiten es gibt:

http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=63246

Budnik, Lygia T.; Baur, Xaver
Biomonitoring zur Erfassung umwelt- und arbeitsbedingter Schadstoffbelastungen
The Assessment of Environmental and Occupational Exposure to Hazardous Substances by Biomonitoring
MEDIZIN: Übersichtsarbeit, DOI: 10.3238/arztebl.2009.0091
Ordinariat für Arbeitsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin, Arbeitstoxikologie und Molekularbiologie: PD Dr. rer. nat. Budnik Ordinariat für Arbeitsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf, Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin: Univ.-Prof. Dr. med. Baur
Hintergrund: Ursprünglich in der Arbeitsmedizin verankert, dient Biomonitoring heute als diagnostisches Verfahren um umweltbedingte Schadstoffbelastungen zu objektivieren. Beispiele sind Belastungen mit Schwermetallen, Pestiziden, Passivrauch. Dabei werden die vom Organismus aufgenommenen Schadstoffe, ihre Stoffwechselprodukte und ihre an Proteine oder DNA gebundenen Formen in Körperflüssigkeiten quantitativ bestimmt. Auf diese Weise lässt sich eine Belastung als Folge einer Gefahrstoffexposition ermitteln.
Methoden: Eine Übersicht auf der Basis einer selektiven Literaturrecherche wurde erstellt. Zusätzlich wurden Erkenntnisse berücksichtigt, die den Autoren durch wissenschaftliche und klinische Tätigkeit zur Verfügung stehen.
Ergebnisse: Biomonitoring ist eine gute Möglichkeit, um Schadstoffe, die durch chronische Exposition systemisch aufgenommen werden, zu messen und das gesundheitliche Risiko abzuschätzen. Außerdem erlaubt das Biomonitoring personenbezogene Aussagen für die Diagnostik akzidenteller Intoxikationen und kann Hinweise auf neue Schadstoffbelastungen in der Bevölkerung liefern.
Schlussfolgerung: Als diagnostisches Verfahren leistet das Biomonitoring einen wichtigen Beitrag zur rationalen Bewertung aktuell aufgenommener Schadstoffe und daraus resultierenden Gesundheitsrisiken. Es ist als Bewertungsinstrument sowohl in der täglichen Praxis als auch in der Gesundheits- und Umweltforschung einsetzbar. Der Gesetzgeber hat dieses Instrument in spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen implementiert.
Dtsch Arztebl Int 2009; 106(6): 91–7
DOI: 10.3238/arztebl.2009.0091
Schlüsselwörter: Biomonitoring, Schadstoffexposition, Gefahrstoff, Umweltbelastung, Umweltmedizin
In zahlreichen Wirtschaftszweigen ist mit Expositionen gegenüber chemischen Noxen zu rechnen. Wenn eine kausale Verknüpfung zwischen arbeitsbedingter Einwirkung und Erkrankung gegeben ist, handelt es sich um eine berufsbedingte Krankheit. Einige dieser Erkrankungen werden vom Gesetzgeber als Berufskrankheiten definiert. Es handelt sich dabei um neurologische und systemische Gesundheitsstörungen, beispielsweise durch Metalle oder Lösungsmittel, und um Haut- und Atemwegserkrankungen, hervorgerufen durch irritativ oder allergisierend wirkende Stoffe. Unter den etwa vier Millionen chemischen Stoffen, die gegenwärtig synthetisiert werden, gibt es jedoch zahlreiche Substanzen, die krankheitsauslösend sein können, die aber im Berufskrankheitsrecht bisher nicht verankert sind. Dazu zählen Pyrethroide, PCB, Phthalate und Passivrauch. Laut einer aktuellen Studie sind immer noch acht Prozent der Nichtraucher Passivrauch am Arbeitsplatz ausgesetzt (1).

Auch aus der allgemeinen Umwelt wirken die oben genannten und viele weitere toxische Schadstoffe auf den Menschen ein. Sie bestimmen die für den Organismus resultierende Gesamtbelastung maßgeblich mit und verursachen eine Reihe von Erkrankungen. Die Inkorporation solcher Schadstoffe erfolgt durch Inhalation und/oder kutane Kontakte, zum Teil auch peroral. Jährlich werden in Deutschland mehr als 4 500 Fälle von akuten oder chronischen Intoxikationen gemeldet (2); die Dunkelziffer ist vermutlich infolge nicht erkannter Zusammenhänge höher. Da diese in der Regel weder auf spezifische Lokalisationen noch auf bestimmte Personengruppen begrenzt sind, ist es erforderlich, in potenziellen Erkrankungsfällen eine detaillierte Anamnese zu erheben und eine Diagnostik zu initiieren (3, 4). Die toxische und kanzerogene Wirkung von Agrochemikalien oder polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen beispielsweise kann im Außen- und Innenbereich zu systemischen Störungen oder zu Affektionen der Haut und/oder der Atemorgane führen (5). Treffen die Schadstoffe auf besonders empfindliche Personen wie Kinder, alte oder geschwächte Menschen, können bereits kleine Mengen neurologische und andere Schäden beziehungsweise Anomalien verursachen. Durch die zunehmende Globalisierung des Güteraustausches ist die breite Bevölkerung hierzulande heute wieder mit längst verbotenen Schadstoffen konfrontiert, die mit Produkten aus Billiglohnländern eingeführt werden. Beispiele hierfür sind Benzol und Insektizide wie Lindan (eigene Daten, unveröffentlicht; [6]).

Vom Menschen aufgenommene Schadstoffe führen zur inneren Belastung, die objektivierbar ist. Um zu erkennen ob eine solche Belastung oder sogar eine akzidentelle Intoxikation besteht, haben sich standardisierte Analyseverfahren zur diagnostischen Untersuchung biologischen Materials etabliert, die unter dem Begriff „Biomonitoring“ subsumiert werden. Die mit dieser Methode möglichen personenbezogenen Aussagen erlauben, zusammen mit klinischen Erfahrungen und epidemiologischen Studien, die aufgenommenen Schadstoffe zu bewerten. So lieferten populationsorientierte Studien Daten über Blei-, PCB- oder Phthalat-Belastungen in Deutschland (7, 8, 9).

Ziel dieser Arbeit ist, die Möglichkeiten des Biomonitorings bei der Abklärung potenzieller akuter oder chronischer Intoxikationen aufzuzeigen. Dabei wird auch auf neuere Entwicklungen wie das Effekt-Biomonitoring, das mit dem Gesundheitsrisiko korreliert, eingegangen. Nicht selten können vorgebrachte Vermutungen von Intoxikationen durch Umweltnoxen mithilfe eines qualifizierten Biomonitorings ausgeräumt werden.

Gesundheitsgefährdung durch inkorporierte Umweltschadstoffe
Um die Gesundheitsgefährdung der Allgemeinbevölkerung und exponierter Beschäftigter zu erfassen, gibt es in der Umwelt- und Arbeitsmedizin zwei Messstrategien: Zum einen die Schadstoffmessung in der Luft – auch Air Monitoring oder Ambient Monitoring genannt – und zum anderen die Quantifizierung der inneren Belastung, das Biomonitoring. Ambient- und Biomonitoring haben ihren festen Stellenwert in der Diagnostik umweltbedingter Erkrankungen und ergänzen sich. Damit man eine Gefährdung orientierend abschätzen kann, ist es oft entscheidend, zunächst mittels Ambient Monitoring die Art und das Ausmaß der möglichen Kontamination zu bestimmen. Unter laborexperimentellen Bedingungen lässt sich für inhalativ aufnehmbare Stoffe – unter Berücksichtigung der Pharmakokinetik – eine Beziehung zwischen Luftkonzentration und innerer Belastung feststellen. Die Bedingungen am Arbeitsplatz lassen nicht ohne Weiteres Rückschlüsse von der Konzentration des Schadstoffes oder seines Metaboliten im biologischen Material auf die Konzentration in der Luft zu. Die individuelle Risikobewertung sollte man daher nicht auf die Einhaltung der Luftgrenzwerte beschränken (10). Die Schadstoffmessung in der Luft, im Boden, im Hausstaub und anderen Medien kann lediglich auf eine mögliche Belastung des Menschen hinweisen und/oder die Giftstoffe vor Ort charakterisieren.

Auch Tierversuche liefern keine auf den Menschen eins zu eins übertragbaren Daten zum Gesundheitsrisiko, weil aufgrund abweichender genetischer, anatomischer, motorischer, physiologischer und metabolischer Gegebenheiten erhebliche Speziesunterschiede bestehen. Anders als bei der Bestimmung von Gefahrstoffen in der Luft, bietet das Biomonitoring eine rationelle Möglichkeit, die Schadstoffdosis im Organismus zu messen (10). Hierbei werden neben der inhalativen auch die kutane und intestinale Aufnahme berücksichtigt, also die tatsächliche innere Belastung. Das Biomonitoring ist somit eine einzigartige Bewertungsmöglichkeit, um umwelt- und arbeitsbedingte Belastungen zu erfassen und zu quantifizieren (Grafik 1). Die innere Belastung kann im Organismus individuell verschiedene Reaktionen und Veränderungen auslösen, die als Beanspruchung definiert werden (Grafik 1).

Definition von Biomonitoring
Biomonitoring wurde ursprünglich definiert als „eine systematische standardisierte Messung von Expositionsstoffen oder ihren Metaboliten in Körperflüssigkeiten (unter anderem Blut, Urin) von exponierten Personen“ (3, 4, 11). Dieses klassische Expositionsmonitoring (Tabelle) wird heute durch weitere Biomonitoring-Analysen (3, 4) ergänzt.

Das biochemische Effektmonitoring umfasst die Untersuchung von Protein- und DNA-Adduktbildung, das heißt die Analyse von Bindungsprodukten chemisch-reaktiver Stoffe wie zum Beispiel Acrylamid, einem Bestandteil stark erhitzter Nahrungsmittel. Das biologische Effektmonitoring schließt weitere Beobachtungen auf subzellulärer Ebene ein, wie die Veränderung von Enzymaktivitäten oder die Mikrokernbildung.

Während die toxikologische Bedeutung des Effektbiomonitorings deutlich höher liegt als die des Expositionsbiomonitorings, ist seine Stoffspezifität (verschiedene Gefahrstoffe können den gleichen biologischen Effekt auslösen) niedriger. Zum Teil geben die Grenzwerte für Expositionsbiomonitoring zudem nicht die Zusammenhänge zwischen der Luftkonzentration des Gefahrstoffes und der inneren Belastung wieder, sondern berücksichtigen Häufigkeit und Intensität adverser Auswirkungen und innerer Belastung. Die neuen Entwicklungen im Bereich des Effektbiomonitorings könnten Lücken bei der Aufklärung einer potenziellen Assoziation von Exposition und Krankheitsentstehung füllen. Um mögliche Gesundheitsrisiken besser einzugrenzen, sollte das Dosismonitoring (= Expositionsbiomonitoring) durch Untersuchungen von biologischen Effekten (= Effektbiomonitoring) ergänzt werden (Grafik 1).

Gesetzliche Grundlagen, Referenz- und Grenzwertfestlegung
Das Biomonitoring ist ein fester Bestandteil der arbeitsmedizinischen Vorsorge (12). Ein aktueller, vom Kabinett bereits verabschiedeter Entwurf einer „Verordnung zur Arbeitsmedizinischen Vorsorge“ schafft Transparenz zwischen Pflicht- und Angebotsuntersuchungen und stärkt das Recht auf Wunschuntersuchungen (13). Die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) verweist auf Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS). Sie geben den Stand der sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen, hygienischen sowie arbeitswissenschaftlichen Anforderungen an die Gefahrstoffe wieder (14a). Das Biomonitoring ist seit Jahren in diesem rechtlichen Regelwerk implementiert. Die TRGS 710 (14b) beschreibt im Einzelnen, unter welchen Konstellationen Biomonitoring vorgeschrieben ist und unter welchen es empfohlen wird. Das Ziel ist, die Belastung und die Gesundheitsgefährdung von Beschäftigten zu erfassen, die Analysewerte mit Beurteilungswerten zu vergleichen und geeignete Maßnahmen vorzuschlagen, um die Gesundheit vor der Wirkung chemischer Substanzen am Arbeitsplatz zu schützen. Dem Betriebsarzt ermöglicht das Biomonitoring, die arbeitshygienischen Bedingungen der Beschäftigten oder des Arbeitsplatzes zu beurteilen und somit auch den Erfolg beziehungsweise Misserfolg von emissionsmindernden Maßnahmen zu dokumentieren. Berufsgenossenschaftliche Grundsätze (zum Beispiel G2 „Tätigkeiten mit Blei oder seinen Verbindungen“) stellen ebenso wie arbeits- und umweltmedizinische Leitlinien, konkrete Anleitungen für die Praxis dar.

Referenzwerte für die Allgemeinbevölkerung ersetzen den früheren Begriff Normwert, um zu verdeutlichen, dass es sich primär um einen statistischen Bereich handelt, der an einem Stichprobenkollektiv gesunder Menschen gewonnen wurde. Die Referenzwerte haben nur beschreibenden Charakter und sind keineswegs eine unveränderliche Größe, da sie unter anderen von Alter, Region oder Lebensstil beeinflusst werden. Die DFG-Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe erarbeitet zurzeit die biologischen Arbeitsstoffreferenzwerte (BAR).

Grenzwerte werden national und international festgelegt und sind inzwischen sehr umfangreich und komplex (Tabelle). Die Umsetzung der heute verbindlichen Grenzwerte (14c) erfolgt in Deutschland durch die GefStoffV. Die TRGS 903 umfasst die sogenannten biologischen Grenzwerte (BGW): „Ein bestimmter biologischer Grenzwert ist der Grenzwert für die toxikologisch-arbeitsmedizinisch abgeleitete Konzentration eines Stoffes, seines Metaboliten oder eines Beanspruchungsindikators im entsprechenden biologischen Material, bei dem im Allgemeinen die Gesundheit eines Beschäftigten nicht beeinträchtigt wird.“ (Gefstoff V § 3 Absatz 8).

BGWs sind als Höchstwerte für gesunde Einzelpersonen mit einer 5-Tage-Arbeitswoche und einem 8-Stunden-Tag konzipiert und werden unter Berücksichtigung der Wirkungscharakteristika der Stoffe in der Regel für Blut und/oder Urin aufgestellt. Unter einem Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) versteht man die gesundheitlich unbedenkliche Konzentrationen eines Gefahrstoffes in der Luft am Arbeitsplatz (zeitliche Gewichtung wie BGW). Die gesetzlichen Grundlagen der Gesundheitsvorsorge werden zurzeit durch den Ausschuss für Gefahrstoffe (14d) und den Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderung (15) umgearbeitet. Das Gremium erarbeitet für krebserzeugende Stoffe neue Risikogrenzen mit jeweils einem Akzeptanz- und einem Toleranzrisiko und entwickelt weitere Kriterien zur Klassifizierung von Risiken (15).

Bewertung der Analysedaten
Biomonitoringdaten interpretiert man in der Regel mithilfe von Referenz- und Grenzwerten. Liegt kein BGW vor, sollte eine Interpretation durch Vergleich des Analysenergebnisses mit den Empfehlungen in der Fachliteratur erfolgen, wie etwa dem BLW (biologischer Leitwert) oder dem BAT-Wert (biologischer Arbeitsstoff-Toleranz-Wert) der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der DFG (16, 17, 18) (Tabelle). Referenzwerte für die Allgemeinbevölkerung sind in der Arbeitsmedizin neben den arbeitsplatzbezogenen Grenzwerten (BGW; BAT) für die Beurteilung von Biomonitoringergebnissen hilfreich (19). Die Human-Biomonitoring-Grenzwerte (HBMs) wurden von der Kommission „Human Biomonitoring“ veröffentlicht (20). Sie sind toxikologisch begründet und schließen eine umweltmedizinische Bewertung chemischer Belastungen ein. Es ist zu beachten, dass auch die Einhaltung von derartigen Grenzwerten keine Sicherheit für besonders empfindliche Personen geben kann, vor allem nicht bei allergischen Reaktionen.

Fremdstoffmetabolismus und Toxikokinetik
Die Wahl des jeweiligen Biomonitoring-Parameters muss sich an der spezifischen toxischen Wirkung des Fremdstoffes orientieren und sollte unter Beachtung der Halbwertzeit eine Expositionsabschätzung ermöglichen (Tabelle).

Biomonitoring beruht auf den Kenntnissen des metabolischen Weges eines Gefahrstoffes im Organismus (Fremdstoffmetabolismus) und seiner Toxikokinetik. Alle toxischen Stoffe werden im Körper mehr oder weniger stark und schnell abgebaut (Grafik 2). Die Abbauprodukte sind meist besser nierengängig als die Ursprungsverbindungen. Die Verteilung der toxischen Substanzen folgt den für Giftstoffe geltenden Gesetzmäßigkeiten und wird durch ein komplexes System reguliert. Einen wichtigen Beitrag leisten dabei die Enzyme der Phase I und II. Ihre primäre Funktion ist, Fremdstoffe unschädlich zu machen und/oder ihre Ausscheidung zu erleichtern. Nicht alle Stoffwechselvorgänge führen zu einer Entgiftung der Fremdstoffe. Sie können sogar die Bildung hoch giftiger Substanzen erst initiieren. Sofern solche Reaktionsprodukte bekannt und messbar sind, werden sie als Biomarker eingesetzt.

Ein systematisch durchgeführtes Biomonitoring gibt Veränderungen der Expositionshöhe wieder, zum Beispiel in der Umgebungsluft oder in Nahrungs- und Genussmitteln. Solche Veränderungen können sowohl intraindividuell betrachtet werden – bezogen auf ein Individuum –, als auch in speziell exponierten und gefährdeten Personengruppen, zum Beispiel mit Lösungsmittel belastete Lackierer oder PCB-exponierte Kinder. Durch seinen Einsatz in verschiedenen Populations-Screening-Verfahren gewinnt das Biomonitoring zunehmend an Bedeutung über die Arbeitsmedizin hinaus. Es wird zum Beispiel zur Gesundheitsüberwachung von Anrainern einer Mülldeponie, Nutzern von bleibelastetem Trinkwasser oder Sportschützen angewendet (3, 7–9).

Umwelt und arbeitsbedingte Bleibelastung
Ein klassisches Beispiel eines Biomonitorings ist die Bestimmung von Biomarkern für umwelt- und arbeitsbedingte Bleibelastungen. Im Vordergrund steht die hämatotoxische Wirkung von Blei, hervorgerufen durch seine Hemmung der Hämsynthese. Die daraus resultierenden und erfassbaren Biomarker und ihre aktuellen Referenzwerte sind in Grafik 3 zusammengefasst.

Akute und chronische Vergiftung mit Benzolanaloga
Benzolanaloga (Lösungsmittel Toluol, Xylole, Styrole) können inhalativ und kutan aufgenommen werden. Akute Vergiftungen sind durch ZNS-depressorische Wirkungen geprägt. Es gibt kein spezifisches Krankheitsbild der chronischen Einwirkung von Toluol, Xylolen und Styrolen. Im Vordergrund stehen neurologische und psychische Störungen sowie Alkoholintoleranz. Zu beachten ist, dass in der Regel eine Exposition gegenüber Gemischen von Lösungsmitteln besteht und nicht gegenüber einer Einzelsubstanz. Dies erschwert die Beurteilbarkeit (21).

Umweltbedingte Tabakrauchbelastung
Passivrauchen ist die meist verbreitete umweltbedingte Schadstoffexposition. Passivrauch setzt sich im Wesentlichen aus dem Nebenstromrauch zusammen, das heißt dem Rauch, der von der Glut der brennenden Zigarette an die Umgebung abgegeben wird. Tabakrauch enthält viele giftige und krebserregende Substanzen. Der Rauch einer durchschnittlichen Zigarette beinhaltet mehr als 4 800 verschiedene chemische Verbindungen. Darunter sind Gifte wie Blausäure, Ammoniak und Kohlenmonoxid. Mehr als 70 dieser Substanzen sind nachweislich krebserregend. Passivrauchen führt zu chronischen Krankheiten mit möglicher Todesfolge. Dazu zählen die chronische obstruktive Lungenkrankheit (COPD), die koronare Herzerkrankung, der zerebrale Insult sowie der Lungen- und Kehlkopfkrebs (22, 23).

Ein wichtiges Nikotinabbauprodukt ist Cotinin. Da die Halbwertzeit des Nikotins etwa 2,5 Stunden beträgt, dient Cotinin als ein zuverlässiger Parameter, um den aktuellen Raucherstatus zu bestimmen (24). Seine Konzentration im Urin korreliert gut mit der Menge des aufgenommenen Nikotins. Für Nichtraucher beträgt der Cotinin-Durchnittswert 2 µg/g K (K = Kreatinin); der Referenzwert liegt bei 16 µg/g K. Bei Aktivrauchern (Cotininwerte von 105 bis 2 993 µg/g K) lässt sich aus der Höhe der Cotinin-Exkretion auf die Menge der gerauchten Zigaretten schließen.

Interpretation der diagnostischen Labordaten
Allein durch den Vergleich eines Biomonitoringwertes mit dem Referenzwert lässt sich noch keine konkrete Aussage über eine Gesundheitsgefährdung oder Erkrankung machen. Hierzu sind vielmehr alle vorliegenden Analysedaten im Kontext mit den klinischen Befunden zu bewerten. Unter anderem ist für die Interpretation von Biomonitoringdaten wichtig, dass neben der Art und Dosis der Fremdstoffinkorporation auch andere Faktoren die innere Belastung und Beanspruchung beeinflussen wie beispielsweise körperliche Belastung, hormoneller Status, Ernährung, Arznei- und Alkoholmissbrauch, Nikotinabusus (Kasten). Dabei können paradoxe Wirkungen (Idiosynkrasie) sowie potenzierende, additive und subadditive Effekte auftreten. Paradoxe Wirkungen nehmen mit dem Alter zu. Die Allgemeinverfassung und die Gewöhnung an toxische Substanzen sind für ihre Wirkstärke ebenfalls entscheidend und im Rahmen der Befundinterpretation zu berücksichtigen.

Ein weiterer, häufig nicht beachteter Aspekt ist die individuell unterschiedlich ausgeprägte Empfindlichkeit gegenüber einem bestimmten Wirkstoff (vererbte oder erworbene Suszeptibilität). Genetisch bedingte Abweichungen von der normalen Reaktion auf toxische Substanzen findet man bei vielen Menschen. Diese können zu verminderter oder erhöhter Aktivität der Enzyme führen, die für den Fremdstoffmetabolismus verantwortlich sind. Man spricht zum Beispiel von Langsaminaktivierern und Schnellinaktivierern. Diese Begriffe beziehen sich auf die durch Phase-I-Enzyme bedingte Oxidation und die Enzyme, die die Acetylierungsreaktion katalysieren. Damit ist eine Konjugationsreaktion gemeint, bei der im Verlauf der Phase II des Giftstoffwechsels eine Acetylgruppe auf eine toxische Substanz übertragen und so eine Wirkungsveränderung herbeigeführt wird.

Die genetischen Suszeptibilitätsmarker liefern oft überraschende kausale Erklärungen für atypische Reaktionen auf Umweltnoxen; wegen ethischer Bedenken hierzulande, dürften sie künftig kein Bestandteil des Biomonitorings am Arbeitsplatz werden. Ihre Anwendung beschränkt sich derzeit auf die Beratung speziell interessierter Patienten und Arbeitnehmer sowie auf wissenschaftliche Studien. Aus arbeits- und umweltmedizinischer Sicht geben die Suszeptibilitätsmarker zum Beispiel durch die Erfassung von Enzympolymorphismen und Immunmodulationen einen zusätzlichen Hinweis auf ein potenziell erhöhtes Erkrankungsrisiko (3, 25).

Resümee
Mit dem Biomonitoring kann man Schadstoffe messen, unabhängig davon, ob sie inhalativ, dermal oder oral aufgenommen wurden (10, 25, e1). Das Effektbiomonitoring erlaubt auch die Abschätzung des Gesundheitsrisikos durch anthropogene Schadstoffe, die Organ- oder Systemreaktionen auslösen. Die verfügbare Analytik von Urin- und/oder Blutproben sollte neben der detaillierten Anamnese im Rahmen der Diagnostik – gegebenenfalls durch einen Spezialisten – gezielt eingesetzt werden (e2). Die Indikationen richten sich nach den Krankheitssymptomen, die zu einer Intoxikation mit einem möglichen Schadstoffkontakt passen. Auch der richtige Zeitpunkt der Probenahme ist relevant (Intervall nach der Exposition). Die Angabe des Zeitpunktes der Blut- und Urin-Asservierung ist vor allem bei sehr flüchtigen Schadstoffen wichtig. Entsprechendes gilt für die richtige Wahl der Probengefäße. So sind zum Beispiel spezielle Stechampullen für Blutuntersuchungen auf Lösungsmittelrückstände wie Benzol und seine Analoga nötig.

Zuverlässigkeit der analytischen Verfahren
Voraussetzung für die praktische Anwendung des Biomonitorings sind analytische Methoden, die hinsichtlich ihrer Spezifität, Nachweisgrenzen, analytischen Zuverlässigkeit und ihres routinemäßigen Einsatzes validiert sind (11). Des Weiteren sind fundierte Kenntnisse sowohl des Fremdstoffmetabolismus als auch der Toxikokinetik erforderlich. Die laborinterne und die externe Qualitätssicherung im umwelt- und arbeitsmedizinischen Biomonitoring sind unabdingbar. Im Rahmen der externen Qualitätssicherung veranstaltet die Deutsche Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin (DGAUM) zweimal jährlich Ringversuche gemäß der Richtlinie der Bundesärztekammer vom 16. 1. 1987 und 16. 10. 1987 sowie 24. 8. 2001. Dieses „German external quality assessment scheme“ ist heute international der an Parametern umfangreichste und teilnahmestärkste Ringversuch (http://www.g-equas.de).

Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskriptdaten
eingereicht: 23. 5. 2008, revidierte Fassung angenommen: 3. 9.2008

Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. med. Xaver Baur
Ordinariat für Arbeitsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf
Zentralinstitut für Arbeitsmedizin und Maritime Medizin
Seewartenstraße 10
20459 Hamburg
E-Mail: Baur@uke.uni-hamburg.de
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