Kumulativ-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften
- Dr. rer. nat. -der Fakultät für Naturwissenschaften der Justus-Liebig-Universität Giessen
vorgelegt von Britta K. Hölzel 2007
Zusammenfassung
Meditation wird seit Jahrhunderten in verschiedenen Kulturkreisen
praktiziert und findet in letzter Zeit verstärkt Beachtung durch die Wissenschaft. Vor allem die
Achtsamkeitsmeditation, das urteilsfreie Betrachten der Erfahrungen im gegenwärtigen Moment,
wird zunehmend im klinischen Kontext eingesetzt. Die vorliegende Dissertation umfasst
drei empirische Arbeiten, die mit verschiedenen Methoden die Korrelate der Meditation
untersuchen. In der ersten Studie wurde auf konzeptueller Ebene mittels linearer
Strukturgleichungsmodelle ein Wirkmodell der Meditation überprüft, welches Zusammenhänge zwischen den
latenten Variablen Übungsumfang, Absorptionsfähigkeit, Meditationstiefe und Achtsamkeit
im Alltag erarbeitete. Das Modell bildete die empirischen Daten gut ab und veranschaulichte
die Notwendigkeit, für ein Verständnis des komplexen Geschehens der Meditation verschiedene
Variablen und deren Zusammenhänge simultan zu betrachten. Die zweite Studie
untersuchte mittels funktioneller MRT die Hirnaktivierung während der Atemachtsamkeitsmeditation,
sowie die Unterschiede in dieser Aktivierung zwischen erfahrenen Meditierenden
und Nicht-Meditierenden. Während der Meditation zeigte sich eine Beteiligung des linken
inferioren Temporallappens sowie der bilateralen parahippocampalen Region; Areale, die
bereits in anderen Studien während der Meditation Aktivierung zeigten. Zudem fand sich
eine aufgabenspezifische Beteiligung sensorischer Areale. Im Vergleich zu den Nicht-
Meditierenden zeigten die erfahrenen Meditierenden eine höhere Aktivierung des anterioren cingulären Kortex, die vermutlich mit dem Training von Aufmerksamkeitsfunktionen in Zusammenhang steht, sowie eine höhere Aktivierung des medialen präfrontalen Kortex, die eine stärkere Emotionsregulation repräsentieren könnte. Die dritte
Studie analysierte mittels Voxel-basierter Morphometrie die Dichte grauer Substanz der MRT
Hirnaufnahmen einer Gruppe Achtsamkeits-Meditierender und einer Gruppe
Nicht-Meditierender. Es zeigten sich Effekte in Arealen, die während der Meditation aktiviert sind und
denen Funktionen zugeschrieben werden, die durch Meditationsübungen kultiviert werden, nämlich in der rechten
anterioren Insula, im linken inferioren Temporallappen, im rechten Hippocampus und im medialen orbitofrontalen Kortex. Es wird angenommen, dass die strukturelle Reorganisation durch die wiederholte Aktivierung während der Meditation verursacht wurde. Die drei vorgelegten empirischen Arbeiten liefern einen Beitrag zum Verständnis der
psychologischen und neurophysiologischen Mechanismen der Meditation........
Diskussion.....
Die Ergebnisse von Studie 2 sowie verschiedene andere Arbeiten legen nahe, dass Meditationzu einer Verbesserung der Aufmerksamkeitsregulation führt. Der klinischen Forschung wird die Aufgabe zukommen, die Möglichkeit zum therapeutischen Einsatz der Achtsamkeitsmeditation bei Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHD) auszuloten (vgl. Harrison, Manocha & Rubia, 2004, für eine Studie zur Yogameditation bei ADHD). Ähnliches gilt für die Verbesserung der Emotionsregulation, die der Meditation zugeschrieben wird.
Erfolge im Einsatz von MBSR bzw. MBCT Training bei Angstpatienten und
Depressiven stützen diese Erwartung (Ivanovski & Malhi, 2007). Hier ist es interessant,
die neurophysiologischen Korrelate der Symptomverbesserungen zu ermitteln. Möglicherweise geht dabei
eine stärkere Aktivierung emotionsregulierender Areale, wie dem OFC und medialen PFC, mit einer Hemmung von Arealen einher, denen die Verarbeitung bedrohlicher Reize zugeschrieben wird (z.B. Amygdala, dorsales ACC). Ähnliche Mechanismen wurden von Creswell, Eisenberger und Lieberman (in press; vgl. Brown et al., in
press) für Personen mit hoher dispositioneller Achtsamkeit im Vergleich zu Personen mit
niedriger Achtsamkeit gefunden, wenn diese auf eine soziale Bedrohung reagierten.
http://www.nmr.mgh.harvard.edu/~britta/ ... g_Diss.pdf