von sunday » Freitag 14. September 2007, 11:45
hallo,
diese tendenz besteht nicht nur bei mcs, sondern auch bei vielen anderen krankheiten, die nicht zu den "schulmedizinisch anerkannten" organischen erkrankungen, bei denen man auf dem rö-bild etwas sehen kann oder eindeutige (anerkannte !) veränderungen bei den blutwerten hat o.ä.
sogar bei krebs gab es mal die tendenz, eine "krebspersönlichkeit" zu konstruieren und damit die ursache auf die "psyche" zu schieben.
allerdings ist es da meiner meinung nach auch nicht besonders gut, wenn selbst bei den offiziellen erläuterungen hier im forum darauf hingewiesen wird, daß bei chemikalienkontakt körperliche oder psychische symptome auftreten
rubrik mcs&umweltkrankheiten:
"Wie erkenne ich, ob ich chemikaliensensibel bin?
Wenn Sie auf Alltagschemikalien wie z.B. Zigarettenrauch, frische Farbe, Parfum, Benzin, Reinigungsmittel, bei minimalem Kontakt physische oder psychische Symptome bekommen."
wenn ein schulmediziner da liest, daß jemand bei minimalem kontakt mit zigarettenrauch oder parfüm etc. psychische symptome bekommt, wird er doch schon fast fast zwangsläufig annehmen müssen, daß es bei mcs gut ist, psych. symptome als akzeptable mcs-symptome anzuerkennen, wenn doch sogar betroffene auf die psych. symptome öffentlich hinweisen.
und die in den mcs-foren immer wieder auftauchenden hinweise auf die "verschwörung" der "gegenseite" trägt sicher auch nicht dazu bei, daß mcs als ganz normale erkrankung anerkannt wird, die durch chemikalien ausgelöst bzw. verstärkt wird und neben körperlichen auch psych. symptome (oder solche, die als psych. erscheinen) auslösen kann. (das könnte eher dazu führen, daß auch noch eine paranoia vermutet wird).
es ist in deutschland nun mal so, daß die industrie hier eine sehr starke lobby hat (kein wunder, da ja viele politiker sehr gut bezahlte "nebenjobs" in dieser industrie haben, einige gleich bei mehreren unternehmen und das ganz offiziell).
das wirkt sich aber nicht nur bei mcs aus, sondern auch bei vielen anderen dingen, wie z.b. der jahrzehntelangen verharmlosung des zigaretten rauchens, der propagierung des "freie fahrt für freie bürger", was hier eine geschwindigkeitsbegrenzung verhindert, die in anderen ländern schon seit vielen jahren üblich ist usw. usw.
und bei den ärzten ist es seit einigen jahren absolut üblich, alles, was nicht sofort eindeutig organisch bedingt ist (und zwar eindeutig durch rö., labor u. a. schulmedizinisch anerkannte verfahren festgestellte) als nur psycho-somatisch (betonung meistens auf nur) zu bezeichnen (früher nannten sie es anders, aber das prinzip war das gleiche).
das ist einfach bequem. sie müssen weniger lernen, keine wirkliche fortbildung auf sich nehmen (die von der pharma-industrie gesponserten "fortbildungen" kann man nicht wirklich als solche bezeichnen), haben weniger arbeit mit den patienten usw.
und da die ärzte auch heutzutage noch gut von der industrie geschmiert werden (als ich noch im med. bereich tätig war, war es noch viel schlimmer, mit vielen geschenken für die ärzte, sog. "studien", wo für das ausfüllen von ein paar fragebögen (meistens nur ein paar kreuzchen machen) sehr viel geld bezahlt wurde, kostenlosen "fortbildungen" an schönen urlaubsorten usw. usw., aber auch heute gibt es da noch so einiges), haben sie reichlich gründe, die von der industrie bevorzugte version (nur psycho-som.) zu favorisieren.
dem entgegenwirken könnte man zum einen, indem man eindeutig beweisen könnte (und zwar mit "anerkannten" methoden), daß die bei mcs auftretenden symptome nicht psych.-som. sind, aber das ist schwierig und würde sehr viel geld kosten und bis es positive auswirkungen für mcs-kranke hätte, würden wahrscheinlich jahrzehnte vergehen (daß rauchen krank macht, ist schon seit jahrzehnten bekannt und die auswirkungen sind schulmedizinisch eindeutig nachweisbar und erst jetzt kommen die ersten rauchverbote und auch die nur eher halbherzig).
die andere möglichkeit wäre eine bessere aufklärung der öffentlichkeit, daß es sich bei mcs um eine krankheit handelt, bei der durch chemikalien (wozu ja auch duftstoffe und zigarettenrauch gehören) etliche, teils schwerwiegende symptome ausgelöst werden, die eben nicht psych.-som. sind, obwohl es bei manchen betroffenen auch zu symptomen kommt, die scheinbar psych. sind.
und vor allem der stete hinweis, daß es bei allen leuten auftreten kann, wenn sie ständig irgendwelchen chemikalien ausgesetzt sind.
genauso wie die ständigen lebensmittelskandale und die infos, daß bio gesünder ist, dazu geführt hat, daß bio-nahrungsmittel inzwischen in deutschland knapp werden, könnte das auch dazu führen, daß die leute verstärkt chemiefreie produkte wollen und dann würde sich die industrie darauf einstellen, was sie vor allem viel geld verdienen will, egal womit.
man sieht es schon ein bißchen daran,daß es seit einiger zeit immer mehr duftfreie körperpflege- und waschmittel etc. zu kaufen gibt, weil es von den verbrauchern gewünscht und gekauft wird (dazu haben die menschen mit duftstoffallergien und auch der dt.allergikerbund wahrscheinlich sehr beigetragen).
und im privaten bzw. beruflichen bereich habe ich festgestellt, daß es wirkt. ich bin sehr darauf angewiesen, daß die leute, mit denen ich beruflich zu tun habe, komplett duftfrei sind. dazu reicht es eben nicht, daß sie darauf verzichten, sich mit parfüm einzusprühen, sondern sie müssen sich komplett umstellen. aber da sie auch ganz einfach auf eine zusammenarbeit mit mir verzichten könnten, ist es wichtig gewesen, sie darauf hinweisen, daß sie damit nicht nur mir einen gefallen tun, sondern auch sich selbst, weil sie durch den dauernden gebrauch von duftstoffhaltigen sachen auch selbst eine duftstoffallergie bzw. -unverträglichkeit bekommen können und da diese nicht heilbar ist, dann auch riesenprobleme hätten.
das hat nicht nur bei einigen dazu geführt, daß sie sich selbst komplett umgestellt haben, sondern die infos auch weitergegeben haben.
allerdings sage ich nichts von "sensibilität" (da mind. 95 % der normalen bevölkerung die med. definition von sensibilisierung nicht kennt, würden sie nur denken, daß da einer eben nur zu sensibel ist und würden es nicht ernst nehmen und sich selbst auch nicht betroffen fühlen) und psych. symptomen (die ich selbst auch nicht habe), sondern spreche von einer chemikalien- und duftstoffunverträglichkeit, die durch chemikalien ausgelöst bzw. verstärkt wird und wie auch die schäden beim rauchen, halt beim einen früher, beim anderen später auftritt und häufiger ist als angenommen, da die symptome (z.b. kopfschmerzen bei längerer arbeit am pc usw.) oft auf andere ursachen geschoben werden.
und daß es bei menschen, die eine angeborene oder erworbene (z.b. durch übermäßig viele chemikalien im beruf) entgiftungsstörung haben zu besonders schlimmen symptomen kommen kann.
meiner meinung nach wäre ein merkblatt hilfreich, das sich ganz sachlich auf die nachweisbaren fakten beschränkt (z.b. welche anerkannt giftigen chemikalien in duftstoffen enthalten sind) und vermutungen und auch psych. außen vor läßt und das man kopieren und unter die leute bringen könnte. darin zu erwähnen, daß es bei minimalem kontakt zu psych. symptomen kommt o.ä., halte ich für sehr kontraproduktiv, weil dann mcs-kranke zwangsläufig auf die psycho-schiene geschoben und nicht ernst genommen werden. je "körperlicher" und nachweisbarer die aufgeführten symptome sind, um so eher wird es ernst genommen.
liebe grüße
sunday