von Anne » Mittwoch 6. Oktober 2004, 21:15
Hallo liebe Chrissi,
wenn ich Deine Geschichte so lese, denke auch ich, dass Du bei einem Umweltmediziner in den richtigen Händen bist. Aber auch unter diesen Medizinern gibt es Unterschiede. Vielleicht kannst du Dich vorher, evtl. auch auf dieser Seite informieren, welchen man vertrauen kann. Gerade weil Du noch so jung bist, brauchst Du gute fachärztliche Hilfe, damit sich Deine Situation wieder verbessern kann.
Für MCS-Kranke ist es oftmals auch ein Ratespiel, was wieder zu den Auslösern der Beschwerden geführt hat. Zu Beginn meiner Krankheit war ich auf Kreta und hoffte, durch das Mittelmeerklima eine Besserung zu erzielen. Als wir dort endlich ankamen, erwartete mich ein Hotelzimmer, welches ziemlich krass nach Duftstoffen roch. Länger als 10 Minuten hielt ich es in dem Zimmer nicht aus und musste die erste Nacht in einem Krankenhaus verbringen. Nachdem die Reiseleiterin die Generalreinigung des Hotelzimmers veranlasst hatte, hoffte ich dorthin zurückkehren zu können. Weit gefehlt. Das Zimmer roch zwar wirklich nicht mehr nach Duftstoffen, ich konnte es aber wiederum nicht länger als 10 Minuten betreten und bekam schlimmste Beschwerden. Ich begann dann zu erriechen, was die Ursache dafür sein könnte und bemerkte eine Art Fangmatte. Trotz der Befließung des Zimmers war ein kleiner Teil an der Tür mit Teppich ausgelegt, von dem ein nach meinem Empfinden ätzender Geruch ausging. Mir war klar, dass es sich hier um Insektizide handeln musste, nachdem ich auch mehrere kleine tote Tiere darauf liegen sah. Beim Nachfragen wurde auch zugegeben, dass man Insektizide in dem Hotel hin und wieder einsetzen würde. Nach Wechsel des Hotels konnte ich zwar noch den Rest des Urlaubs auf Kreta verbringen, aber das Risiko in Urlaub zu fahren, wenn ich nicht genau weiß, was mich dort erwartet, würde ich nicht wieder eingehen.
So sind wir oft selbst auf unsere Sinne angewiesen, um das zu erspüren, was uns schadet. Hier im Forum haben wir aber den Vorteil, dass auch andere uns aus ihrer Erfahrung berichten können und wir evtl. schneller zum Ergebnis kommen.
Wie machst Du das jetzt mit Deinem Bett? Schläfst Du nur auf der Matratze?
Meine Kinder, die auch allergisch reagieren, haben sich ein Metallbett gekauft, mit dem sie prima zurechtkommen. Vielleicht wäre das eine Möglichkeit für Dich.
Aber gut ist, dass Du hier schon gemerkt hast, was Dir nicht gut tut und so für ein besseres Wohlbefinden sorgen konntest.
Auch mit dem Essen hat wohl so ziemlich jeder MCS-Kranke Probleme. Eine entsprechende Ernährung ist auch deshalb ganz wichtig. Ist Du gerne zuckerhaltige Dinge? Wenn Du das tust, solltest Du auf jeden Fall reduzieren und möglichst den raffinierten Zucker ersetzen durch Honig, Ahornsirup oder ähnliches und wichtig ist natürlich möglichst unbelastetes Obst und Gemüse. Ein Umweltmediziner kann natürlich auch noch andere Untersuchungen veranlassen, ob Du z. B. eine Lactoseintoleranz hast. Ich denke, die Darm- und Magenbeschwerden kann man ganz gut in den Griff bekommen, wenn der oder die Auslöser gefunden sind.
Auf jeden Fall ist es besser, Wasser aus Glasflaschen zu trinken. Wenn Du bei Plastikflaschen Probleme bekommst, ist das kein Wunder. Da sind zu viele Giftstoffe drin. In meiner Gegend kann man aber auch aus dem Hahn trinken, wir haben sehr gutes Wasser. Aber das ist nicht überall so. Da müsste man schon genauer nachforschen, ob das möglich ist.
Ja, und diese Menschenansammlungen mit 'zig-fach parfümierten Menschen sind für jedem von uns ein Problem. Wenn man bedenkt, dass diese Leute heutzutage nicht mal nur ein Parfüm benutzen, sondern in der Regel einen ganzen Duftstoffmix mit zusätzlich noch vielen anderen Chemikalien, angefangen beim Duschbad, Haarwäsche, über Körperlotion, Cremes, Haarspray, Rasierwasser, After shave, bis hin zu Waschmittel und Weichspüler, und das auch noch alles auf einmal, kann man sich ausrechnen, dass empfindliche Menschen das irgendwann nicht mehr vertragen können. Eigentlich bräuchten die Leute zusätzlich gar kein Parfüm mehr, denn sie strömen durch die Unmengen von parfümierten Produkten, die sie an sich tragen sowieso schon ausreichend Düfte aus.
Ich selbst habe mich irgendwie schon damit abgefunden. Aber für junge Menschen, wie für Dich, finde ich eine Isolierung auf Grund dieser ganzen Chemikalien schon schlimm. Aber es kann manchmal schon helfen eine Kohlefiltermaske zu tragen, das muss man ausprobieren, ob man damit klar kommt. Ich habe auch manchmal den Eindruck, dass die Toleranzgrenze bei mir unterschiedlich ist, je nachdem wie ich gerade vorbelastet bin. Vielleicht findest Du auch noch den einen oder anderen Tipp im Forum oder auf dieser Seite.
Je mehr man über diese Krankheit weiß, desto leichter wird es sicher, die berühmte "Nadel im Heuhaufen" zu finden.
Ich kann Dir auch sehr gut nachfühlen, wie es ist, wenn Leute aus dem Haus Reinigungsarbeiten vornehmen, ihre Wäsche auf dem Balkon trocknen oder die Gerüche aus ihrem Bad in meine eigene Wohnung strömen. Deswegen passe ich beim Lüften sehr gut auf und rieche erst mal, ob die Luft rein ist, im wahrsten Sinne. Erst dann lüfte ich. Mein Problem jemandem aus dem Haus zu erzählen hätte keinen Sinn. Die würden es nicht verstehen und schon gar nicht sich nach mir richten. Deswegen muss ich sehen, wie ich damit irgenwie allein klarkomme und nach den 5 Jahren habe ich mich auch schon ziemlich daran gewöhnt.
Wer es sich leisten kann, kann sich auch einen Hepa-Luftfilter kaufen, da kann man die Wohnung schnell wieder clean bekommen.
Liebe Chrissi, mit der weitverbreiteten Ansicht, dass wir psychisch krank sind, müssen wir wohl noch einige Zeit leben. Es tut zwar weh, aber vielleicht sollten wir auch den Menschen nachsehen, die uns nicht verstehen können. Wie sollten sie es auch, wenn man von öffentlicher Seite alles bestreitet, verharmlost und in eine andere (psychische) Richtung schiebt. Aber meiner Ansicht nach kann das nur noch eine Frage der Zeit sein, denn es werden scheinbar immer mehr Menschen, die darunter leiden. Ich hoffe, dass irgendwann mal eine Forschung mit Zellen von MCS-Kranken durchgeführt wird. Spätenstens dann wird man die Veränderungen wahrnehmen müssen, die an den Zellen bei Chemikalienexposition ablaufen. Da die Wirtschaft, von der viele Forschungsgelder kommen, natürlich nicht an eine Aufklärung dieser Krankheiten interessiert ist, das würde ja für sie Folgen haben, können wir nur darauf hoffen, dass staatlicherseits möglichst bald die nötigen Gelder investiert werden, um vielen Kranken zu helfen. Zumindest können wir noch diese Hoffnung haben.
Du kannst auch sehr froh sein, eine Mutter zu haben, die Dich versteht. Mir geht es ebenso mit meinen Kindern. Aber nicht jeder hat dieses Glück. Zumindest kann das für Dich ein Grund zur Freude sein.
Nun zu Deiner Frage, wie ich das gemacht habe, als ich immer 260 km zum Umweltmediziner gefahren bin.
Nun, es waren pro Fahrt nur 130 km, also die gesamte Fahrtstecke hin und zurück betrug 260 km. Gut, das war trotzdem für mich eine ganze Menge und oft ist auch eines meiner Kinder gefahren, je nachdem wie es mir ging. Und die Termine hatten wir auch in größeren Abständen vereinbart, sodass es mir weder finanziell noch körperlich zu viel wurde. Da ich in Würzburg war, hätte ich auch ohne Weiteres ein Zimmer für MCS-Kranke anmieten können. Eine Familie aus der dortigen Selbsthilfegruppe bietet ein solches Zimmer an. Ich weiß ja nicht wo Du hinfährst, aber falls Du es brauchst, würde ich Dir die Adresse gern zukommen lassen.
Wenn Du noch mehr Fragen hast, kannst du sie gern stellen. Was ich beantworten kann, beantworte ich gerne.
Dir liebe Grüße von
Anne