von Manno » Donnerstag 4. September 2008, 21:56
Dieses Gerücht hält sich ja schon Jahrhunderte und wurde zuletzt von den Protestanten in Umlauf gebracht, die den Katholiken vorwarfen ihre
Gläubigen damit abhängig zu machen, denn ansonsten gab es ihrer Meinung ja keinen Grund in der katholischen Kirche zu bleiben. Ich kopiere
es jetzt mal ohne Zeilenumbruch hier rein. Beachte: Benzoe wird bei über 370 °C in Benzol zersetzt ...
Von der euphorisierenden Wirkung des Weihrauchs sprachen aber schon die alten Germanen, die jedoch ihre Kultstädten mit Fichtenharz weihten. In moderner Sprache weiteten sie diese bis zum Himmel aus. Schließlich wächst eine Fichte bis zu siebzig Meter hoch in den Himmel und galt somit als Verbindung zwischen Himmel und Erde. Die Germanen stellten daraus auch die Irminssäule als Baumheiligtum her, eine Art schamanischer Weltenbaum. Heute wird diese Tradition der Weihe / des ausweiten übrigens immernoch bei einer Kirchweih gepflegt, wobei die bunten Bänder auf die Verbindung von Himmel zur Erde hinweisen. Das Fichtenharz war vor der Einfuhr exotischer Räucherstoffe das wichtigste europäisches Räuchermittel und wurde nach jedem Winter zur Desinfektion der Häuser eingesetzt. Unbestritten ist, dass Nadeln, Zapfen und Harz der Fichte zur Reinigung und Desinfektion von Räumen verwendet werden können.
Dieser Terpentinräucherung werden dann allerdings psychoaktive Wirkungen nachgesagt: »Wenn man die Terpentindämpfe einatmet, verliert man vorübergehend das Gefühl für Raum und Zeit; der Blick wird trübe, die Welt kommt einem verändert vor. Der aufsteigende Geruch verändert die sinnliche Wahrnehmung, die Welt erscheint einem plötzlich in schillernden Farben. Atmet man jedoch zuviel ein, leidet man unter stechenden Nerven- und Kopfschmerzen; lässt die Wirkung nach, fühlt man sich niedergeschlagen. Kurzum, das süßliche, berauschende Terpentinharz wirkte auf Gläubige und Priester wie eine Droge, euphorisierend und betäubend.
Selbst im Mittelalter wurde dieses Räucherwerk noch als Heilmittel bei Seuchen eingesetzt. Dies verführte dann so manchen Pfarrer dem teueren Weihrauchgemisch noch etwas Fichtenharz beizumischen, denn die weißen Tropfen sind dem Weihrauch so ähnlich, dass man sie in der Mischung nicht mit den Augen vom richtigen Weihrauch unterscheiden kann. Aufgezeichnet sind aber auch Räucherungen zum Schutz vor Geheimnissen, die zu gleichen Teilen aus Koriandersamen, Safran (Crocus sativus), Bilsenkraut, Selleriesamen und Opium gemischt wurden. Das Rezept stammt zwar aus der Spätantike, wurde aber von Mönchen während der Religionskriege genutzt. Die Räucherung solle davor schützen, daß vergrabene Kirchenschätze oder Geheimnisse an den Feind verraten werden. Diesbezüglich hatten die Protestanten wohl nicht so ganz unrecht, wenn sie der kath. Kirche unterstellte ihre Gläubigen abhängig zu machen. Indirekt bestätigt das auch eine seit 1570 geltende Vorschrift, daß im Hochamt (feierliche Messe) nur noch reiner Weihrauch verwenden werden darf und ansonsten gar nicht mehr geräuchert werden soll. Es ist schon bemerkenswert, daß sich solche Gerüchte über 500 Jahre lang halten können.
Das bedeutet aber noch lange nicht, daß heute wieder reiner Weihrauch verwendet wird, denn reiner Weihrauch hat im Duft eine helle, reine, zitrusartige Note. Unser Kirchenweihrauch demonstriert dagegen eher eine schlechte Qualität, denn er riecht muffig und dumpf. Teilweise wird er auch künstlich aromatisiert, wonach er dann sehr beißend riecht. Außerdem riecht man das Aroma danach noch am nächsten Tag, was beim richtigen Weihrauch nicht möglich ist. Der heutige Kirchenweihrauch besteht immer aus einer fertigen Mischung verschiedener Harze, worunter der sog. *Dreikönigsweihrauch* in seiner blau-roten Packung der Berüchtigste ist. Er ist neben der Holzkohle des Styrax auch noch mit aromatisiertem Sägemehl gestreckt (wird ja meist außerhalb der Kirche verwendet).
Bei der Verbrennung von Weihrauch- und Myrrhe-Harz, die genau wie Fichtenharz natürliche Insektizide wie Terpentin enthalten und in Getreidespeichern eingesetzt wurden, werden unter anderem viele Phenoldämpfe frei. Diese Harze wurden von Ägyptern, Babyloniern, Persern, Griechen, Römern und Juden schließlich seit Jahrtausenden als Insektizide angewendet. Im Weihrauch findet sich überwiegend der Wirkstoff Boswelliasäure, der als Mittel gegen Entzündungen (Antiphlogistikum) eingesetzt werden kann. Ansonsten enthält der Weihrauch des Hochamts nach dem Rezept der römisch-katholischen Liturgie mindestens 1 Teil Styrax, 4 Teilen Benzoe und 10 Teilen Olibanum. Styrax ist eine mit Styraxbalsam getränkte Holzkohle, wobei das Harz als Räucherung Insekten aus der Kirche vertreibt. Außerdem mischt es sich gut mit Jasmin, Myrrhe und Weihrauch. Benzoe enthält 25 Prozent Benzoesäure die sich bei über 370 °C in Benzol und CO2 zersetzt. Nunja – ob das dann so gesund ist ?