Mit Erlaubnis von H. Guth, sein Schreiben an
Verbraucherzentrale Baden-Württemberg
Sehr geehrte Frau Dr. Nill,
die Leitlinie der Psychosomatik kennen Sie möglicherweise schon. Sie findet sich unter der URL
http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/051-009.htm .
Sie behinhaltet Hinweise auf MCS, Formaldehyd, Holzschutzmittel, Lösungsmittel, Insektizide, usw.
Letztlich wird den Betroffenen eine psychogene Ätiologie ihrer Gesundheitsstörung unterstellt, auch
für die genannten neurotoxischen Ursachen bzw. Einwirkungen. Die Symptome - und darauf kommt es
bei Krankheit an - bei MCS werden jedoch gar nicht als toxisch bedingt verstanden (Wassermann), sondern
es handelt sich um nichtallergische -primär zentralnervöse- Reaktionen auf geringe inhalative Trigger.
Die MCS-Studie des Bundes hat gar keine Erkenntnisse zur Ätiologie der MCS erbracht und auch
zur Ursache der Reaktionen auf geringe Trigger kein Ergebnis. Der Sniffin-Test war für diesen
Personenkreis - mit nichtsinunasalen Riechstörungen und Reaktionen primär auf Chemikalien, die
keine Aromen sind - gar nicht geeignet.
Andere wissenschaftliche Studien gibt es nicht und so ist es die Auffassung des Leiters der Umwelt-
Abteilung des RKI, wie auch meine, dass es für diese Leitlinie keine wissenschaftliche Basis gibt.
Die Betroffenen werden nach der Therapie-Empfehlung der Leitline Desensibilisierungs-Therapien in
Psychosomatischen Kliniken ausgesetzt, ohne dass man die Pathomechanismen kennt.
Beschrieben ist in einer Veröffentlichung des Springer-Verlages ein Einzelfall, ohne dass dies
angegeben ist. Diese Veröffentlichung wird von anderen Angehörigen der Medizinischen Wissenschaft
inzwischen als Beweis für eine psychogene Ätiologie angesehen.
Dazu nocheinmal der Hinweis, dass derartige Empfindlichkeitsreaktionen für entzündliche
Gefässkrankheiten beschrieben sind, also Vaskulitiden, usw.
Ich halte es im Hinblick auf die Folgen für die Betroffenen - ich leide an einer Aortendissektion
von der Aorta descendens bis zu den Nierenarterien und ich bin bereits mit einer Aortenprothese
der Aorta ascendens versorgt - für unverantwortlich, ohne Kenntnis oder ohne Rücksicht auf die
Grunderkrankung überhaupt zu therapieren. Dies darf jedenfalls zu Lasten der GKV auch nicht auf der
Basis von Hypothesen geschehen und diese Leitlinie stellt - auch nach Auffassung des RKI - lediglich
eine Hypothese dar.
Der Bundesverband Verbraucherberatung und die Unabhängige Patientenberatung Deutschland
sollte dies berücksichtigen, damit nicht Menschen - ohne jegliche wissenschaftliche Basis - von Ärzten
und ihrem sozialen Umfeld mißhandelt werden und noch dazu behauptet wird, das sei eine notwendige
und nützliche Therapie.
mfG
Heinz A. Guth, Bundesvorstand
Deutsche Gesellschaft Multiple-Chemical-Sensitivity e.V.