Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse
Forschungszentrum Karlsruhe in der Helmholtz-Gemeinschaft
Technikfolgenabschätzung • Technology Assessment
TECHNIKFOLGENABSCHÄTZUNG, Theorie und Praxis
Nr. 3, 17. Jahrgang – Dezember 2008
Andreas D. Kappos, Bundesärztekammer:
S. 32 MCS
Das Phänomen der Elektrosensibilität
"Der zweite Aspekt der ärztlichen Beschäftigung mit gesundheitlichen Wirkungen elektromagnetischer Strahlung ist der klinischkurative.Er betrifft die Verpflichtung des Arztes, Kranken ihr Leiden zu mildern und nach bestem Wissen alles zu tun, um Gesundheit und Lebensqualität wiederherzustellen. Wie ist aber mit Personen umzugehen, die angeben, unter Einwirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder zu leiden und die über die unterschiedlichsten Beeinträchtigungen und Gesundheitsstörungen klagen, wenn sie entsprechend exponiert sind? Dieser Aspekt ist eng verknüpft mit dem
Phänomen der „Elektrosensibilität“. Abgesehen vom Auge, das nur auf das Spektrum des sichtbaren Lichtes reagiert, fehlt dem Menschen ein besonderes Organ zur Wahrnehmung elektromagnetischer Strahlung. Trotzdem kann offensichtlich
elektromagnetische Strahlung vom Menschen gefühlt werden. Die Schwellen hierfür sind individuell sehr unterschiedlich. Es
gibt offensichtlich Personen, die sehr empfindlich auf Wechselfelder reagieren, d. h. die bei sehr geringen Leistungen noch elektromagnetische Felder erkennen. Solche Personen werden als „elektrosensitiv“ bezeichnet (Leitgeb 1998).
Von diesem Phänomen der „Hypersensitivität“ ist das Phänomen der „Elektrosensibilität“ abzugrenzen. Dabei handelt es sich um Personen, die angeben, unter dem Einfluss hochfrequenter schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu leiden. Die für die Beschwerden als Ursache angesehene elektromagnetische Strahlung ist dabei meist in einem Dosisbereich weit unterhalb
der behördlicherseits vorgegebenen Grenzwerte. Das Krankheitsbild hat, was die Symptome betrifft, viele Gemeinsamkeiten mit dem sogenannten Multiplen Chemikalienempfindlichkeitssyndrom (MCS).3
Auch bei Letzterem sind die als ursächlich angesehenen Expositionskonzentrationen potenziell toxischer Substanzen weit unterhalb derer, die bei der Normalbevölkerung gesundheitliche Beeinträchtigungen bewirken. Oft sind die Betroffenen schwerst krank und stehen unter einem enormen Leidensdruck. Nicht selten bezeichnen sich Personen sowohl als MCS-krank als auch als elektrosensibel."
http ://www.itas.fzk.de/tatup/083/tatup083.pdf