"Sind Riechstoffe Psychopharmaka?" Uni Wien

"Sind Riechstoffe Psychopharmaka?" Uni Wien

Beitragvon Juliane » Sonntag 7. Juni 2009, 17:21

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Bernadette Ralser (Redaktion) am 30. Oktober 2007

Die geheimnisvolle Wirkung von Düften und Parfums übt seit jeher eine Faszination auf den Menschen aus. Nur wenige wissen, dass wir auch dann auf Gerüche reagieren, wenn wir sie gar nicht riechen: Über die Haut aufgenommen, können Duftstoffe beruhigend oder aktivierend wirken. Das macht sie möglicherweise für den psychotherapeutischen Einsatz interessant. In einem aktuellen Projekt erforscht die Pharmazeutin Eva Heuberger den Einfluss von Riechstoffen auf das menschliche Zentralnervensystem.

Linalool riecht blumig-frisch und kommt unter anderem in ätherischem Lavendel-, Bergamotte- und Rosenholzöl vor. 1,8-Cineol, besser bekannt als Eukalyptol, verleiht ätherischen Ölen einen eukalyptusartigen Duft. Beide Riechstoffe sind Bestandteile der farblosen, aber geruchsintensiven Lösung, die V.-Ass. Mag. Dr. Eva Heuberger vom Department für Klinische Pharmazie und Diagnostik einer Gruppe von rund 50 Versuchspersonen "auf den Bauch pinselt".

Während des Versuchs müssen die ProbandInnen - mit einer Duftölmischung auf dem Unterbauch und einer Atemmaske über Nase und Mund, welche die Aufnahme des Geruchs über die Atemwege verhindern soll - eine kognitive Aufgabe bearbeiten. Dabei liegen sie in einem Magnetresonanz-Tomographen (MRT), der ihre Gehirnaktivität scannt. Ziel der Studie ist es, die Wirkung von Gerüchen auf das menschliche Zentralnervensystems besser zu verstehen.

Riechen ohne zu riechen

Warum dürfen die Versuchspersonen dann nicht an der Duftlösung schnuppern? "Gerüche wirken auch, wenn man sie gar nicht riecht", erklärt die Pharmazeutin. Denn Düfte können nicht nur über die Nase, sondern - etwa durch parfümierte Cremes oder Massageöle - auch über die Haut in Blut und Lungen gelangen. Je nach Aufnahmeart haben sie außerdem recht unterschiedliche Wirkweisen.

"Eingeatmete Gerüche beeinflussen hauptsächlich die subjektive Ebene, also die Befindlichkeit des Menschen. Das testen wir auch - im zweiten Teil der Versuchsreihe", so Heuberger weiter: "Werden Riechstoffe über die Haut aufgenommen, ohne dass ihr Duft dabei wahrgenommen wird, wirken sie dagegen entweder stimulierend oder beruhigend und beeinflussen so zum Beispiel die Reaktionsfähigkeit einer Person. Wir vermuten, dass diese Effekte über das zentrale Nervensystem vermittelt werden."

Dieses Phänomen könnte möglicherweise bedeuten, dass Riechstoffe eine ähnliche Wirkung auf den Menschen ausüben wie Psychopharmaka.

Genug gebauchpinselt: Geruchsexperiment, Teil zwei

Während der erste Durchgang der Versuchsreihe demnächst abgeschlossen wird - die Daten werden zurzeit ausgewertet -, startet nun auch Teil zwei des Geruchsexperiments. Dieses Mal dürfen die ProbandInnen in einem Magnetresonanz-Tomographen nun doch an Linalool und Cineol schnuppern: Der Duftmix wird ihnen mittels Inhalator zugeführt. Vor und nach dem "Geruchserlebnis" werden die Versuchspersonen außerdem über ihr subjektives Empfinden befragt.

Wie der Duft ins Blut kommt

In einer separaten Sitzung wird den ProbandInnen im Fünf-Minuten-Takt Blut abgenommen und die Konzentration der Riechstoffe darin analysiert. Die Ergebnisse der Bluttests sollen Heuberger und ihren Kooperationspartnern vom Exzellenzzentrum Hochfeld-Magnetresonanz der Medizinischen Universität Wien Aufschluss darüber geben, wie schnell und in welchem Ausmaß die Duftstoffe bei den beiden Applikationsformen in den Organismus gelangen.


Erste Ergebnisse überraschen

Sind Riechstoffe nun Psychopharmaka? "Das Datenmaterial ist sehr komplex und noch nicht vollständig ausgewertet", sagt Heuberger: "Allerdings haben wir klar herausgefunden, dass die Gerüche das Zentralnervensystem der Versuchspersonen wie vermutet aktivieren - und zwar nicht nur dort, wo wir das erwartet haben." So wurden überraschenderweise auch jene Regionen im Gehirn der "gebauchpinselten" ProbandInnen aktiv, die sonst nur beim Riechen durch die Nase im Einsatz sind.

Männergehirne reagieren anders

"Noch überraschender ist, dass dieses Phänomen bei den männlichen Versuchspersonen deutlich stärker ausgeprägt war als bei den Frauen", erzählt die Pharmazeutin weiter. Ein möglicher Grund dafür könnte sein, dass auch transdermal oder intravenös injizierte Gerüche über die Lunge ausgeschieden und daher "auf umgekehrtem Wege" doch noch gerochen werden. Warum Männer hier anders funktionieren als Frauen, ist noch ungeklärt. Heuberger: "Die Endauswertung und der Vergleich der Gesamtdaten nach Abschluss der Studie bringt hoffentlich Licht in dieses Rätsel."

Neue therapeutische Möglichkeiten

Ob Männergehirne nun anders auf Gerüche reagieren als weibliche oder nicht - die Antwort auf die Frage, ob und wie Menschen auf Riechstoffe reagieren, würde eine Vielzahl an neuen Einsatzmöglichkeiten für Gerüche eröffnen. Wenn Duftstoffe wirklich wie Psychopharmaka wirken, könnten sie die psychotherapeutische Praxis revolutionieren. Denn anders als Antidepressiva oder Beruhigungsmittel haben Parfums, Aromastoffe oder Duftpräparate so gut wie keine bekannten Nebenwirkungen. "Wenn man bedenkt, wie viele Produkte heutzutage parfümiert sind, ist die Zahl der unerwünschten Reaktionen auf Riechstoffe überraschend gering", sagt Heuberger: "Die Ergebnisse dieses Projekts könnten ein erster Schritt auf dem Weg zum bewussten therapeutischen Einsatz von Düften sein." (br)

Das dreijährige Projekt "Sind Riechstoffe Psychopharmaka?" wird vom Jubiläumsfond der Österreichischen Nationalbank finanziert und läuft seit 2005. Es basiert auf einer Kooperation zwischen dem Department für Klinische Pharmazie und Diagnostik der Universität Wien und dem Exzellenzzentrum Hochfeld-Magnetresonanz der Medizinischen Universität Wien. Das Projektteam besteht aus V.-Ass. Mag. Dr. Eva Heuberger und Mag. Susanne Mirjam Friedl (Department für Klinische Pharmazie und Diagnostik) und Ao. Univ. Prof. Dr. Ewald Moser (Zentrum für Biomedizinische Technik und Physik, MedUni Wien).

http://www.dieuniversitaet-online.at/beitraege/news/sind-riechstoffe-psychopharmaka/10/neste/75.html
Juliane
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"Sind Riechstoffe Psychopharmaka?" Uni Wien

Beitragvon Sato » Sonntag 7. Juni 2009, 20:51

"Sind Riechstoffe nun Psychopharmaka? "Das Datenmaterial ist sehr komplex und noch nicht vollständig ausgewertet", sagt Heuberger: "Allerdings haben wir klar herausgefunden, dass die Gerüche das Zentralnervensystem der Versuchspersonen wie vermutet aktivieren - und zwar nicht nur dort, wo wir das erwartet haben."

MCS Patienten reagieren noch extremer als normale Alltagsprobanden, manche sogar mit Bewusstlosigkeit und Kollaps.

Gibt es schon ein Endergebnis von der Studie?
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