Olga Hogk hat den nachfolgenden Offenen Brief in einer anderen Rubrik eingestellt. Ich kopiere ihn hierher, weil er in dieser Rubrik wahrscheinlich am ehesten von Euch entdeckt wird. Wer den Eintrag von Olga kommentieren möchte, klickt bitte diesen Link an: viewtopic.php?t=10059 weil sie in ihrem Brief darauf verweist.
Danke Olga für diesen Brief,
Thommy, CSN
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Offener Brief a.d. Bundenpräsidenten Horst Köhler - 22.06.2009, 19:55:54
An den
Bundespräsidenten Horst Köhler
Bundespräsidialamt
Spreeweg 1
10557 Berlin
Waiblingen, 22.06.2009
Gilt das Grundgesetz auch für alle kranken Menschen?
Sehr geehrter Herr Köhler,
gilt das Grundgesetz auch für alle kranken Menschen? Auf diese Frage würden Sie mir wahrscheinlich antworten – „aber selbstverständlich“. Ich müsste Ihnen dann entgegnen, dass dies in der Praxis leider ganz und gar nicht der Fall ist. Bei vielen Menschen die an Umweltkrankheiten wie MCS (Multiple Chemikalien Sensitivität) leiden, wird das Recht auf körperliche Unversehrtheit täglich verletzt.
Was ist MCS?
MCS (Multiple Chemikalien Sensitivität) ist eine Erkrankung die besonders häufig bei Personen auftritt die über längere Zeiträume toxischen Chemikalien ausgesetzt waren. Unter Menschen, die beruflich mit Lösungsmitteln arbeiten, erkranken bis zu 60% an MCS. Erkrankte Personen reagieren dann auf Chemikalien (u.a. auch auf Duftstoffe, siehe hierzu den beiliegenden MCS-Flyer von CSN und die beiden DVD´s ).
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat im ICD-10 Code MCS unter T 78.4 den Vergiftungen zugeordnet. Nach US-Amerikanischen Studien leiden ca. 4-6% der Bevölkerung an schwerer MCS. Wenn man diese Zahl auf Deutschland überträgt dann wären dies mindestens 3 Millionen Menschen. Viele leiden an dieser Erkrankung, ohne es zu wissen.
Wer bereits erkrankt ist und u.a. auf Duftstoffe reagiert, der ist gezwungen in einer Isolation zu leben. Nahezu jeder Mensch verwendet Duftstoffe, die chemische Industrie ist überall sehr präsent. Kontakte mit anderen Menschen, einkaufen gehen, Arztbesuche erledigen sind nur mit Schwierigkeiten oder gar nicht möglich, von lebenswichtigen Aufenthalten in Krankenhäusern ganz zu schweigen. Die meisten können nicht mehr arbeiten, dadurch befinden sie sich in einer kritischen finanziellen Situation.
Zusammenfassend erklärt bedeutet dies: Luftverschmutzungen durch chemische Stoffe führen dazu, dass an MCS erkrankte Menschen aus der Gesellschaft ausgegrenzt, diskriminiert und täglich mit „Körperverletzungen“ konfrontiert werden. Der Artikel 1 des Grundgesetzes, in dem die Würde des Menschen unantastbar sein soll, das ein Recht auf körperliche Unversehrtheit garantiert,
wird vollständig ausgehebelt, in dem auf ein angeblich ungeklärtes Krankheitsbild von MCS verwiesen wird. In Wirklichkeit handelt es sich um eine durch die WHO als körperliche Erkrankung anerkanntes Leiden.
Herr Köhler, könnten Sie mir eine Antwort darauf geben, wie wir, MCS-Kranke, unsere Grundrechte einfordern können?
Duftstoffe sollten zumindest in öffentlichen Räumen verboten werden, um den MCS-Behinderten Menschen einen barrierefreien Zugang zu Behörden, Ärzten, Krankenhäusern und anderen öffentlichen Räumen zu ermöglichen. Es gibt bereits in USA und in Schweden teilweise Duftstoffverbote für öffentliche Einrichtungen. Diese Länder haben die Gefahr von Duftstoffen erkannt und nehmen sie ernst.
Was ist ein Grundgesetz und eine Demokratie wert, wenn die Chemie-Lobby sich gegen die Gesundheitsinteressen und Prävention durchsetzt. Dabei gibt es bereits mehrfach bestätigte wissenschaftliche Studien über die negative und irreparable Wirkung vieler alltäglicher Chemikalien auf alle Lebewesen. Wir alle sind täglich von so vielen giftigen Substanzen umgeben, die uns auf Dauer krank machen. Auch durch die REACH-Verordnung Nr. 134/2009 vom 16.02.09 wird sich für die MCS-Kranken effektiv nichts ändern. Die wirtschaftlichen Interessen der chemischen Industrie werden weiterhin geschützt und die Kranken werden immer tiefer in ihr Leid gedrängt.
Deshalb ist eine Aufklärung der Bevölkerung unumgänglich. Schutz und Hilfe für die Betroffenen sowie eine Anerkennung der Umweltkrankheiten wäre dringend notwendig. Denn die „Epidemie“ der Umwelterkrankungen wird sich in den folgenden Jahren so weit ausbreiten, dass es für das Gesundheitswesen und die Wirtschaft ernste Folgen haben wird.
Ich und andere MCS-Erkrankte würden es uns wünschen und wären Ihnen sehr dankbar dafür, wenn Sie sich mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für die Aufklärung und die Verbesserung der momentanen Situation einsetzen. Es ist bekannt, dass Sie keine direkte Einflussnahme auf die Gesetzgebung haben. Jedoch könnten Sie auf die bestehende Problematik immer wieder deutlich hinweisen und Ihre Zustimmung nur entsprechenden Gesetzen erteilen. Sie haben doch bisher bewiesen, dass Sie die Gesellschaft mit Ihren einfühlsamen Reden wachrütteln können.
Können wir auf Ihre Unterstützung zählen?
Sie haben vor Ihrer diesjährigen Wiederwahl öffentlich gesagt „Wir wollen eine Gesellschaft sein, die nicht wegschaut, wenn Menschen in Not sind, und keinen zurück lässt.“ Da haben einige Ministerien aber noch sehr viel zu tun!
Dieses Schreiben habe ich heute als offenen Brief unter folgender Internetadresse veröffentlicht:
http://www.csn-deutschland.de/forum/showboard.php?id=51
Ihr Antwortschreiben werde ich ebenfalls dort veröffentlichen. Ihrerseits haben Sie die Möglichkeit, evtl. Kommentare zu meinem Schreiben von anderen Mitbetroffenen auch auf dieser Seite nachzulesen.
Mit freundlichen Grüßen
Olga Hogk
(Mitglied der MCS-Selbsthilfegruppe Stuttgart)
Anlagen:
MCS-Flyer
2 DVD´s