Stockrosen stehen hinterm Zaun

Stockrosen stehen hinterm Zaun

Beitragvon Juliane » Samstag 1. August 2009, 08:02

Ich steh hier gerade am Fenster und sehe die Stockrosen hinterm Zaun.
Und dabei ist mir ein Gedicht eingefallen von Kästner


Der August

Nun hebt das Jahr die Sense hoch
und mäht die Sommertage wie ein Bauer.
Wer sät, muss mähen.
Und wer mäht, muss säen.
Nichts bleibt, mein Herz. Und alles ist von Dauer.

Stockrosen stehen hinterm Zaun
in ihren alten, brüchigseidnen Trachten.
Die Sonnenblumen, üppig, blond und braun,
mit Schleiern vorm Gesicht, schaun aus wie Frau'n,
die eine Reise in die Hauptstadt machten.

Wann reisten sie? Bei Tage kaum.
Stets leuchteten sie golden am Stakete.
Wann reisten sie? Vielleicht im Traum?
Nachts, als der Duft vom Lindenbaum
an ihnen abschiedssüß vorüberwehte?

In Büchern liest man groß und breit,
selbst das Unendliche sei nicht unendlich.
Man dreht und wendet Raum und Zeit.
Man ist gescheiter als gescheit, -
das Unverständliche bleibt unverständlich.

Ein Erntewagen schwankt durchs Feld.
Im Garten riecht's nach Minze und Kamille.
Man sieht die Hitze. Und man hört die Stille.
Wie klein ist heut die ganze Welt!
Wie groß und grenzenlos ist die Idylle ...

Nichts bleibt, mein Herz. Bals sagt der Tag Gutnacht.
Sternschnuppen fallen dann, silbern und sacht,
ins Irgendwo, wie Tränen ohne Trauer.
Dann wünsche Deinen Wunsch, doch gib gut acht!
Nichts bleibt, mein Herz. Und alles ist von Dauer.

http://www.erich-kaestner-kinderdorf.de/gedichte/august.htm
Juliane
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Stockrosen stehen hinterm Zaun

Beitragvon Seelchen » Samstag 1. August 2009, 14:32

Hallo Juliane!
Das Srockrosengedicht ist sehr schön und tut gut.
Auch ich sehe an der Mauer verschiedene Stockrosen ,wenn ich aus dem Fenster schaue in der Küche.
Sie sehen so altertümlich aus in ihren zarten Farben..hellrosa..gelb und rosenrot...
Sie sind erhaben und einfach wunderbar...
Seelchen
 

Stockrosen stehen hinterm Zaun

Beitragvon Marion » Samstag 1. August 2009, 17:49

Das hier passt besonders gut auf viele in unserer situation, einfach mal durchatmen können:

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)

Sehnsucht ins Freie

Ach, wär' ich doch bald genesen
Und dürft' hinaus ins Feld!
Es ist der Frühling gekommen:
Nun freut sich alle Welt.
Hell aus den Lüften erschallet
Gesang und Jubelgetön.
Es grünt und blühet im Tale,
Es bläu'n sich die fernen Höh'n.

Ach, wär' ich doch bald genesen!
Wie ist mir angst und bang!
Mich hält die Krankheit gefangen
Schon manche Woche lang.
O könnt' ich, könnt' ich doch athmen
Die süße himmlische Luft!
Im Frei'n mich ergeh'n und mich laben
An Blumen- und Laubesduft!

Ach, wär' ich doch bald genesen!
Ach, tät' ein Engel mir kund,
Mir kund die fröhliche Botschaft:
Steh auf, du bist gesund!
Ich wollt' aus duftenden Blumen
Ihm winden ein Kränzelein,
Und eine Perle des Herzens,
Die Träne des Danks ihm weih'n.

Als der Dichter diese Zeilen verfasste gab es noch reine Luft


Grüsse Marion
Marion
 

Stockrosen stehen hinterm Zaun

Beitragvon Sina » Mittwoch 26. August 2009, 06:33

Liebe Juliane, sehr schön ist das Gedicht. Es rührt mich fast zu Tränen.

Viele Grüße von Sina
Sina
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