Vor einiger Zeit hatte ich dem UBA nachstehendes Schreiben mit dem Artikel von Martin Pall geschickt, der in dem Toxikologie-Buch erschienen ist. Lest selber die Antwort unten vom UBA.
Zitat meines Schreibens ans UBA:
Sehr geehrter Herr Flasbarth,
Ihnen ist sicherlich bekannt, dass hier bei uns in Deutschland Menschen, die durch Umweltschadstoffe an Multipler Chemikaliensensitivität (MCS ICD-10 T78.4) erkrankt sind, seit mehr als einem Jahrzehnt im gesamten Sozialsystem diskriminiert und mit psychiatrischen Diagnosen wie „somatoforme Störungen, Persönlichkeitsstörungen, Zwangsstörungen, Phobien bis hin zum Wahn“ etikettiert werden. Der bei uns aus industriepolitischen Gründen herrschende wissenschaftliche Dissens und die Tatsache, dass der aktuelle Stand der Wissenschaft von Behörden, Versicherungen und so genannten Experten permanent ignoriert wird, wird systematisch auf dem Rücken schwer kranker Patienten ausgetragen, bei denen es in der Folge zu Fehlbehandlungen, Fehlbegutachtungen, Menschenrechtsverletzungen, Ablehnung sozialer Leistungen und finanzieller Unterstützung etc. kommt.
Aus diesem Grund erlaube ich mir, Ihnen als Anlage einen Review Artikel von Prof. Dr. Martin Pall, Professor für Biochemie und medizinische Grundlagenwissenschaften an der Washington State University, über die Pathomechanismen von MCS zu übersenden, der 2009 von angesehenen Toxikologen in dem Referenzwerk „General and Appplied Toxicology 3rd Edition“ veröffentlicht wurde.
Ich erwarte, dass Sie als Umweltbundesamt im Rahmen Ihrer Aufgaben des gesundheitlichen Umweltschutzes dafür Sorge tragen, dass in dieser Hinsicht eine gesundheitspolitische Aufklärung dahingehend erfolgt, dass es sich bei MCS nicht um eine Erkrankung psychischen Ursprungs, sondern um eine durch die toxische Wirkung von Umweltschadstoffen/Chemikalien ausgelöste Krankheit handelt, damit die Psychopathologisierung und Diskreditierung der MCS-Patienten in Deutschland endlich ein Ende hat. Dieser Themenkomplex gehört meines Erachtens u.a. auch zu den Fortbildungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes.
Martin Pall ist im April d.J. auf Europareise und beginnt seine Vortragsveranstaltungen am 10.04.2010 bei einem von der Ärztekammer Berlin zertifizierten Seminar für Mediziner in Berlin. Einzelheiten zu dieser Veranstaltung finden Sie unter:
http://www.i-gap.org/app/dokumente/Anmeldung%20und%20Ablaufplan%20Berlin%2010.04.2010.pdf
In Erwartung Ihrer kurzfristigen Stellungnahme, welche diesbezüglichen Maßnahmen das UBA ergreifen wird, danke ich Ihnen im Voraus für Ihre Bemühungen.
Zitat Antwort des UBA:
vielen Dank für Ihre Hinweise und die Darstellung Ihrer Sichtweise zum Thema MCS. Uns ist bekannt, dass Menschen mit umweltbezogenen Gesundheitsstörungen wie MCS in Deutschland, aber auch in den meisten anderen Staaten, große Schwierigkeiten haben. So ist es beispielsweise für diese Patienten nicht einfach, geeignete medizinische Hilfe zu finden, die ihren Bedürfnissen genau so gerecht wird wie den naturwissenschaftlichen Ansprüchen unserer modernen Medizin.
Wir sind allerdings nicht der Ansicht, dass in Deutschland Menschen mit umweltbezogenen Gesundheitsstörungen wie MCS generell und systematisch diskriminiert werden. Auch können wir nicht bestätigen, dass der aktuelle Stand der Wissenschaft bei deutschen Wissenschaftlern ignoriert wird, wie sie behaupten.
Bei MCS stehen neben Umwelteinflüssen auch psychische Einflussfaktoren zur Diskussion. Die eigentliche Ursache der in der Regel sehr unspezifischen Beschwerden bei MCS bleibt in den meisten Fällen unklar. Manche Diagnose- und Behandlungsmethoden, wie sie verschiedentlich angewendet werden, sind nach unserer Ansicht häufig nicht ausreichend validiert.
Es ist uns bewusst, dass MCS für die betroffenen Menschen ein großes Problem darstellt. Wir sehen dies aber zunächst unabhängig von der Ätiologie der Erkrankung.
Für uns stehen daher zwei Aspekte im Vordergrund:
Wir setzen uns dafür ein. dass der Zustand der Umwelt erhalten oder verbessert wird, so dass Erkrankungen der Bevölkerung durch schadhafte Umwelteinflüsse weitgehend ausgeschlossen sind.
Die medizinische Versorgung muss gewähleisten, dass auch seltene, auf einer besonderen Empfindlichkeit oder Prädisposition beruhende Erkrankungen, sicher diagnostiziert und nach dem gegenwärtigen Stand des medizinischen Wissens bestmöglich behandelt werden. Dies schließt allerdings eine psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung nicht unbedingt aus.
Für beide Punkte (schwerpunktmäßig im Rahmen unserer Zuständigkeit natürlich für den ersten) setzen wir uns im Umweltbundesamt seit langem ein und in beiden Fällen betreiben oder unterstützen wir die Forschung, die zu mehr Wissen über die Zusammenhänge zwischen Umwelt und Gesundheit beiträgt.
Über die Ursachen von MCS wissen wir immer noch zu wenig, aber dies ist für unser Denken und Handeln nicht entscheidend. Denn selbst wenn die Ursachen von MCS eines Tages vollständig aufgeklärt sein werden, sind wir der Meinung, dass damit den Patienten gesundheitlich nicht unbedingt geholfen ist. Eine adäquate Hilfe für MCS Patienten setzt eine geeignete, auf anerkannten wissenschaftlichen Grundlagen fundierte Therapie voraus. Eine solche Therapie bedarf in erster Linie der Akzeptanz von Ärzten und Patienten. Es wird eine wichtige gemeinsame Aufgabe sein, auch in der allgemeinen Bevölkerung die Aufklärung und Akzeptanz zu erzielen, so dass eine Diskriminierung von Kranken auch in Einzelfällen ausgeschlossen ist.
Dafür setzen wir uns ein.
Mit freundlichen Grüßen
i.A.
Dr. med. Wolfgang Straff
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Weitere Fragen an Herrn Dr. Straff zu seinem Antwortschreiben wurden von ihm als rein rhetorisch abgetan!
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